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13. Dezember 2010

Rundschreiben XII/2010

In monatlicher Abfolge informieren wir über ausgewählte Entscheidungen speziell der Finanzgerichte und Anweisungen der Finanzverwaltung.

Die Informationen sind sorgfältig aus verlässlichen Quellen herausgesucht und bearbeitet. Gleichwohl kann weder eine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit, noch jedwede Haftung übernommen werden.

Hinweise und Tipps haben lediglich allgemeinen Charakter und sind in jeder Hinsicht unverbindlich. Sie können eine konkrete Einzelfallberatung nicht ersetzen.

Sollten sich zu Ihren individuellen Belangen Fragen ergeben, informieren wir Sie gerne in einem persönlichen Gespräch und entwickeln zusammen mit Ihnen Lösungsansätze.

I. Wichtige Steuer- und Sozialversicherungstermine

Dezember 2010

10.12.2010:

  • Einkommensteuer und Kirchensteuervorauszahlungen
  • Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer für Monatsanmelder


28.12.2010:

  • Sozialversicherungsbeitrag

Die Schonfrist für die am 10.12.2010 fälligen Steuern läuft am 13.12.2010 ab.


II. Hinweise zum Jahresende

(1) Degressive Absetzung für Abnutzung (AfA)

Die degressive AfA, die für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens erlaubt ist, kann nach § 7 Abs. 2 S. 1 EStG nur noch für solche Anlagegüter in Anspruch genommen werden, die vor dem Jahreswechsel angeschafft oder hergestellt werden. Sie beträgt das Zweieinhalbfache der linearen AfA, höchstens 25% der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Soweit eine Anschaffung vorgesehen ist, wäre zu überlegen, ob diese Investition nicht in das noch laufende Jahr 2010 vorgezogen wird.

(2) Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) und Sammelposten

Die vor dem 01.01.2008 geltende Rechtslage ist auf GWG, die nach dem 31.12.2009 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden, wiederum anwendbar. Damit besteht das Wahlrecht zur Sofortabschreibung selbstständig nutzbarer und bewertbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit Anschaffungskosten von netto bis zu € 410,00. Alternativ kann für alle abnutzbaren beweglichen Anlagegüter, die selbstständig nutzbar sind und deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten netto mehr als € 150,00, aber nicht mehr als € 1.000,00 betragen, die sogenannte Pool-Abschreibung gemäß § 6 Abs. 2a EStG über 5 Wirtschaftsjahre erfolgen. Zu beachten ist jedoch, dass ein Nebeneinander der GWG-Sofortabschreibung sowie der Pool-Abschreibung in demselben Wirtschaftsjahr ausgeschlossen ist. Hier ist das Wahlrecht einheitlich auszuüben. Auf den ersten Blick mag sich aufdrängen, dass die Sofortabsetzung der Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bis zu € 410,00 vorteilhafter sei. Folge wäre, dass die Pool-Abschreibung auch für die Wirtschaftsgüter bis zu € 1.000,00 nicht mehr in Betracht kommt. Hierzu ist jedoch auch zu bedenken, dass die Pool-Abschreibung über 5 Jahre einheitlich mit 20% erfolgt, unabhängig vom Datum des Zugangs im laufenden Wirtschaftsjahr. Soweit die Pool-Abschreibung nicht zum Ansatz kommt, müssten die Wirtschaftsgüter mit einem Anschaffungs- bzw. Herstellungswert über € 410,00 im Jahr des Zugangs zeitanteilig abgeschrieben werden.

Für Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs-bzw. Herstellungskosten bzw. einem Einlagewert bis zu € 150,00 netto kann ein wirtschaftsgutbezogenes Wahlrecht ausgeübt werden. Entweder werden die Erwerbsaufwendungen im Zugangsjahr voll abgesetzt oder es erfolgt die Verteilung der Erwerbsaufwendungen auf die Nutzungsdauer. Dieses Wahlrecht kann unabhängig von der Ausübung des Wahlrechts für Wirtschaftsgüter über € 410,00 in Anspruch genommen werden.

(3) Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibungen für Investitionen (§ 7g EStG)

Für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags bzw. der Sonderabschreibung nach § 7g EStG können letztmals zum 31.12.2010 die bestehenden Größenmerkmale in Anspruch genommen werden. Für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags wird bei einem Wirtschaftsjahr, das dem Kalenderjahr entspricht, auf die Verhältnisse zum 31.12.2010 abgestellt. Für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung dagegen ist zu beachten, dass die Größenmerkmale zum 31.12.2010 nur noch gelten, wenn die Investition bis zum 31.12.2010 auch tatsächlich durchgeführt ist.

Bilanzierende Gewerbetreibende und Freiberufler dürfen ein Eigenkapital von nicht mehr als € 335.000 ausweisen. Endet das Wirtschaftsjahr nach dem 31.12.2010 bzw. wird die Investition nach dem 31.12.2010 durchgeführt, kommen die Begünstigungen nach § 7g EStG nur in Betracht, wenn das Eigenkapital nicht mehr als € 235.000 beträgt. Bei Gewerbetreibenden und Freiberuflern, die die Gewinnermittlung anhand der Einnahme-Überschuss-Rechnung erstellen, wird anstelle des Eigenkapitals der Gewinn als Größenmerkmal herangezogen. Dieser darf für das Wirtschaftsjahr, das vor dem 01.01.2011 endet bzw. für Investitionen, die vor dem 01.01.2011 durchgeführt wurden, nicht mehr als € 200.000 betragen. Künftig erfordert die Anwendung des § 7g EStG, dass der Gewinn nicht mehr als € 100.000 beträgt.

(4) Teilabzugsverbot bei Liquidation und Anteilsveräußerung gesetzlich normiert

Der Gesetzgeber hat auf die BFH-Rechtsprechung (BFH, Urt. v. 25.06.2009 – IX R 42/08), wonach das Teilabzugsverbot für Anschaffungskosten für Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Falle der Liquidation bzw. des Anteilsverkauf nicht zur Anwendung kommt, wenn aus der Beteiligung keine Gewinnausschüttungen bezogen wurden, durch eine Gesetzesänderung nunmehr gesetzlich normiert. Mit § 3c Abs. 2 S. 2 EStG ist eine Nichtanwendungsnorm eingefügt worden. Diese besagt, dass die Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen ausreicht, um dem Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 S. 1 EStG zu unterfallen.

Bei ertraglosen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft kann folglich der Abschluss der Liquidation bis zum 31.12.2010 oder die Veräußerung des Anteils noch dazu genutzt werden, die vollen Anschaffungskosten dem Liquidationserlös bzw. dem Veräußerungserlös gegenzurechnen. Nach dem 31.12.2010 sind hingegen nur noch 60% der Anschaffungskosten abziehbar.

(5) Aufbewahrungspflichten

Nach § 147 Abs. 1 AO unterliegen insbesondere

  • Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
  • empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe,
  • Kopien der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
  • Buchungsunterlagen,
  • sonstige Unterlagen soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind,

der Aufbewahrungspflicht. Die Handelskorrespondenz ist dabei 6 Jahre aufzubewahren die übrigen Unterlagen 10 Jahre. An dieser Stelle sei ausdrücklich auf die Verzögerung hingewiesen, die für die Aufbewahrungsfristen zu beachten sind. So beginnt die Aufbewahrungsfrist für Bücher und Aufzeichnungen (z.B. Buchhaltungskonten) erst mit Ablauf des Jahres, in dem die letzte Eintragung erfolgte. Für Bilanzen und Inventare gilt, dass die Aufbewahrungsfrist erst nach dem Jahr der Aufstellung zu laufen beginnt. Generell ist der Fristablauf der Aufbewahrungspflicht gehemmt, soweit und solange die Unterlagen für nicht verjährte Steuerfestsetzungen von Bedeutung sind (§ 147 Abs. 3 AO). Des Weiteren ist auch auf die besonderen Aufwahrungspflichten hinzuweisen, die für Steuerpflichtige gelten, die ihre positiven Einkünfte im Rahmen der Einnahme-Überschuss-Rechnung ermitteln. Beträgt der positive Überschuss dieser Einkünfte aus allen so zu ermittelten Einkünften insgesamt mehr als € 500.000, sind die Aufzeichnungen und Unterlagen über die den Überschusseinkünften zugrunde liegenden Einnahmen und Werbungskosten 6 Jahrelang aufzubewahren. Diese Aufbewahrungspflicht betrifft Arbeitnehmer, Steuerpflichtige mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen und Steuerpflichtige, die sonstige Einkünfte erzielen.

(6) Einnahme-Überschuss-Rechnung

Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gilt das Zufluss-Abflussprinzip. Durch vorgezogene Betriebsausgaben und verzögerte Vereinnahmung von Betriebseinnahmen kann Einfluss auf den steuerpflichtigen Gewinn ausgeübt werden. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben sind aber wirtschaftlich dem Jahr zuzurechnen zu dem sie wirtschaftlich gehören, wenn sie innerhalb von 10 Tagen vor oder nach dem Ende des Kalenderjahres geleistet werden (z.B. Zinsen, Mieten). Zu den regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben gehört auch die Umsatzsteuer, wenn sie bis zum 10.01. für den letzten Voranmeldungszeitraum des vorangegangenen Kalenderjahres entrichtet wird. Im Falle einer Lastschriftermächtigung des Finanzamts gilt die Umsatzsteuer unabhängig vom Zeitpunkt der Bezahlung als am 10.01. abgebucht. Insoweit ist die Umsatzsteuerzahlung für den Monat Dezember bis zum 10.01. im nachfolgenden Monat Januar noch als Betriebsausgabe des vorangegangen Wirtschaftsjahres zu erachten.

(7) Gesellschafterdarlehen

Während unverzinsliche Gesellschafterdarlehen an eine Personengesellschaft keiner Abzinsung unterliegen (BFH, Urt. v. 24.01.2008 – IV R 37/06), unterliegen Gesellschafterdarlehen an eine Kapitalgesellschaft der Abzinsung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Die Abzinsungsregelung betrifft auch Darlehen mit unbestimmter Laufzeit, die nach § 488 Abs. 3 S. 2 BGB mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden können. Hiervon losgelöst beurteilt der BFH die Laufzeit vorrangig anhand des Gesichtspunkts der tatsächlichen wirtschaftlichen Belastung, die nach Auffassung des BFH nicht von der zivilrechtlichen Ausganglage, sondern davon abhängt, für welchen Zeitraum der Schuldner nach den tatsächlichen Verhältnissen mit der Überlassung des Kapitals rechnen könne (BFH-Urt. v. 06.10.2009 – I R 4/08). Zur Vermeidung der Abzinsung ist die Vereinbarung eines Zinses für das Gesellschafterdarlehen erforderlich. Eine geringfügige Verzinsung (z. B. 1%) ist ausreichend. Angesichts der Tatsache, dass sich bei solchen Darlehen, die bereits eine längere Zeit zinslos einer Kapitalgesellschaft überlassen wurden, die Abzinsung nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes richtet, führt die Abzinsung zu einem spürbaren Ertrag bei der Kapitalgesellschaft. Insofern sollten die Gesellschafterdarlehen, soweit sie zum Jahresende noch valutieren, kritisch betrachtet werden.

(8) Gewinnrealisation: Verlagerung des Zeitpunktes

Bilanzierende Steuerpflichtige haben durch die Verlagerung des Gewinnrealisierungszeitpunkts eine Möglichkeit, auf den steuerpflichtigen Gewinn zum 31.12. Einfluss zu nehmen. Bei Lieferungen ist für die Frage der Gewinnrealisierung der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr übergehen. Bei Werkverträgen kommt es auf die Fertigstellung oder Abnahme durch den Vertragspartner an. Soweit Übergabe- oder Abnahmezeitpunkt über den Bilanzstichtag hinaus verschoben werden können, tritt folglich die Gewinnrealisierung aus einer Lieferung oder einem Auftrag erst im neuen Geschäftsjahr ein. Hinsichtlich der Werkverträge sei jedoch daraufhin gewiesen, dass im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, dass sich nach der Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 die Mängelhaftung im Werkvertragsrecht am Kaufrecht orientiere. Damit würde die Gewinnrealisation bei Werkverträgen nicht erst bei Abnahme, sondern bereits bei Übergabe eintreten (Wendt, BFH-PR 2006, S. 16, 17; Kempermann, DStR 2006, S. 1895).

(9) Kapitalerträge: Verlustausgleich und Verlustvortrag bei Veräußerungsgeschäften

Verluste aus der Veräußerung von Wertpapieren können nur mit Kapitalerträgen, nicht aber mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 43a Abs. 3 S. 2 EStG) sind dabei die depotführenden Kreditinstitute verpflichtet, negative Kapitalerträge bis zur Höhe der positiven Kapitalerträge auszugleichen; im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung kann dieser Ausgleich nicht rückgängig gemacht werden. Verluste aus der Veräußerung von Aktien dürfen nur mit Gewinnen aus Veräußerungen von Aktien ausgeglichen werden. Anleihen, Zertifikate, Termingeschäfte und Fondsanteile sind von dieser einschränkenden Verlustausgleichsregelung nicht betroffen. Soweit Verluste in diesen beiden Verrechnungskreisen nicht ausgeglichen werden können, sind sie bei den depotführenden Kreditinstituten auf das nächste Jahr zu übertragen. Mittels einer nach amtlichem Vordruck zu erstellenden Bescheinigung kann der Steuerpflichtige die nicht ausgeglichenen Verluste in seine Einkommensteuerveranlagung übernehmen. Dazu muss er bis spätestens zum 15.12.2010 bei seiner Bank oder der entsprechenden auszahlenden Stelle einen Antrag auf Ausstellung der Bescheinigung stellen.


III. Aus der Gesetzgebung

A. Jahressteuergesetz 2010

Den vom deutschen Bundestag am 28.10.2010 angenommenen Gesetzentwurf hat der Bundesrat am 26.11.2010 zugestimmt. Nachfolgend geben wir auszugsweise einen Überblick über die wesentlichen Gesetzesänderungen im Steuerrecht.

(1) Steuerbefreiungen ehrenamtlicher Betreuer

Neu eingeführt wurde im § 3 Nr. 26b EStG eine Befreiungsvorschrift für Steuerpflichtige, die als ehrenamtlicher Vormund, ehrenamtlicher rechtlicher Betreuer oder als ehrenamtlicher Pfleger eine Aufwandsentschädigung nach § 1835a BGB erhalten. Höchstens steuerfrei sind dabei zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG aus nebenberuflicher Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher oder einer ähnlichen Tätigkeit Einnahmen bis zu € 2.100,00.

(2) Ausdehnung des Teilabzugsverfahrens

Wie bereits unter II. ausgeführt, unterfallen ab dem Veranlagungszeitraum 2011 die Anschaffungskosten von Anteilen an Kapitalgesellschaften grundsätzlich dem Teilabzugsverbot. Die Ertraglosigkeit solcher Anteile steht dem nicht mehr entgegen, denn nach § 3c Abs. 2 S. 2 EStG in der Neufassung ist es für die Anwendung des Teilabzugsverbots ausreichend, dass die Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft bestanden hat. Soweit folglich bei ertraglosen Anteilen an Kapitalgesellschaften eine Veräußerung beabsichtigt ist, sollte diese noch im Veranlagungszeitraum 2010 erfolgen, da hier für den Fall, dass keine Gewinnausschüttungen für diese Anteile erfolgt sind (auch keine verdeckten Gewinnausschüttungen), das Teilabzugsverbot nicht greift.

(3) Weitere Entstrickungstatbestände

Der BFH hatte mit Urteil vom 17.07.2008 – I R 77/06 entschieden, dass die Überführung eines Wirtschaftsgutes in eine ausländische Betriebsstätte nicht die Besteuerung der stillen Reserven im Zeitpunkt der Überführung rechtfertige. Wohl im Hinblick auf den damit drohenden Steuerausfall hat der Gesetzgeber reagiert. Soweit das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland für die stillen Reserven ausgeschlossen oder beschränkt wird, sichert § 4 Abs. 1 S. 4 EStG sowie § 12 Abs. 1 S. 2 KStG die Anwendung der sogenannten „finalen Entnahmetheorie“ und damit die Besteuerung im Inland. Diese gilt rückwirkend für alle noch offenen Fälle. Für die Überführung einzelner Wirtschaftsgüter in eine ausländische Betriebsstätte regelt § 6 Abs. 5 S. 1 EStG durch den Hinweis auf § 4 Abs. 1 S. 4 EStG, dass der Ansatz der Buchwerte im Zusammenhang mit der Überführung nicht in Betracht kommt. Dies führt zur Auslösung und Besteuerung der stillen Reserven. Der neue § 16 Abs. 3a EStG stellt den Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter eines Betriebs oder eines Teilbetriebs der Betriebsaufgabe gleich. Auch diese Vorschrift ist rückwirkend anzuwenden auf alle offenen Fälle. Gem. § 36 Abs. 5 EStG kann der Steuerpflichtige auf Antrag die festgesetzte Steuer in 5 gleichen Jahresraten entrichten, vorausgesetzt, dass die Wirtschaftsgüter einem Betriebsvermögen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR zuzuordnen sind und sofern diese Staaten Amtshilfe entsprechend oder im Sinne der Richtlinie 77/799 EWG leisten. Die erste Jahresrate ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten, die übrigen Jahresraten jeweils am 31.05. der Folgejahre. Eine Verzinsung ist nicht vorgesehen. Für den Fall, dass der Betrieb oder der Teilbetrieb während des Fünfjahreszeitraums eingestellt, veräußert oder in ein Nicht-EU- oder Nicht-EWR-Staat verlegt, ist die noch nicht entrichtete Steuer innerhalb eines Monats nach diesem Zeitpunkt fällig.

(4) Häusliches Arbeitszimmer

Soweit für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sind Arbeitszimmerkosten bis zur Höhe von € 1.250,00 p.a. als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 2, 3 EStG).

(5) Abschreibung nach Einlage

Neu geregelt wurde in § 7 Abs. 1 S. 5 EStG der Einlagewert von Wirtschaftsgütern, die durch den Steuerpflichtigen aus dessen Privatvermögen in ein Betriebsvermögen überführt werden. Grundsätzlich sind Einlagen mit dem Teilwert zum Zeitpunkt der Zuführung des Wirtschaftsgutes zu bewerten. Jedoch ist für Einlagen nach dem 31.12.2010 zu beachten, dass der Einlagewert als AfA-Bemessungsgrundlage um die bis zum Zeitpunkt der Einlage bereits vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung, Sonderabschreibungen oder erhöhte Absetzungen zu verringern ist.

(6) Verlustfeststellung

§ 10d Abs. 4 S. 4 und 5 EStG sehen eine verfahrensmäßige Wechselwirkung zwischen der Einkommensteuerfestsetzung und dem Verlustfeststellungsverfahren vor. War bisher die Verlustfeststellung in einem gesonderten Verfahren vorzunehmen, unabhängig von der zugrundeliegenden Einkommensteuerfestsetzung, entfalten die Einkommensteuerbescheide nunmehr Bindungswirkung, wie ein Grundlagenbescheid für die Verlustfeststellung. Eine Verlustfeststellung soll nur dann durchführbar sein, wenn der Steuerbescheid noch aufgehoben, geändert oder berichtigt werden kann, es sei denn, der Einkommensteuerbescheid wird nicht geändert, weil die festzusetzende Steuer sich dadurch nicht ändern würde. Diese Neuregelung ist für Verluste anzuwenden, für die nach der Verkündung des Jahressteuergesetzes 2010 eine entsprechende Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird. Für Gewerbeverluste (Gewerbesteuer) ist eine ähnliche Regelung zur Feststellung getroffen worden (§ 35b Abs. 2 S. 2, 3 GewStG).

(7) Steuerpflicht der Erstattungszinsen nach § 233a AO

Der BFH hatte mit Urteil vom 15.06.2010 – VII R 33/07 entschieden, dass Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO, die nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbar sind (z. B. Einkommensteuer), beim Empfänger nicht der Besteuerung unterliegen. Unter Durchbrechung dieser Rechtsprechung ist nunmehr gesetzlich geregelt, dass Erstattungszinsen zu den Kapitalerträgen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören. Die Neuregelung ist in allen Fällen anzuwenden, in denen die Steuerfestsetzung noch nicht bestandskräftig ist. Ob diese Rückwirkung verfassungsgemäß ist, dürfte nicht zweifelsfrei sein. Des Weiteren wird in § 52a Abs. 10 S. 7 EStG geregelt, dass auch Erträge aus Stückzinsen, die vor dem Jahr 2010 zugeflossen sind, in den steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG aufzunehmen sind. Auch diese Rückwirkung dürfte verfassungsrechtlich äußerst problematisch sein.

(8) Private Veräußerungsgeschäfte

Ebenfalls in Durchbrechung der Rechtsprechung des BFH (Urt. v. 22.04.2008 – IX R 29/06) wird in § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG gesetzlich geregelt, dass Gegenstände des täglichen Gebrauchs vom Tatbestand des privaten Veräußerungsgeschäftes ausgenommen sind. Diese Regelung, die sich sowohl auf den Gewinn wie auch auf den Verlust auswirkt, sichert, dass aus privaten Veräußerungsgeschäften von Gegenständen des täglichen Gebrauchs keine steuerlich abzugsfähigen Verluste generiert werden können. Die gesetzliche Änderung tritt für solche Geschäfte ein, die nach dem Tag der Verkündung des Jahressteuergesetzes abgeschlossen werden.

(9) Abgeltungsteuer

Der besondere Steuersatz gemäß § 32d EStG (25% zzgl. Solidaritätszuschlag und ggfl. Kirchensteuer) ist ausgeschlossen, soweit in den Einkünften aus Kapitalvermögen Zinsen aus einer Darlehensgewährung zwischen nahen Angehörigen enthalten sind. Neu geregelt ist nunmehr, dass dieser Ausschluss nur dann greift, wenn die Zinsaufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen. Die Neufassung der gesetzlichen Vorschrift findet sich in § 32d Abs. 2 Nr.1 S.1a EStG.
Des Weiteren soll die sogenannte Günstigerprüfung im Rahmen der Abgeltungsteuer nicht allein auf die festgesetzte Einkommensteuer, sondern auf die gesamte Steuerbelastung einschließlich Zuschlagsteuern (Solidaritätszuschlag) abstellen. Diese Regelung gilt erstmals für den Veranlagungszeitraum 2011 (§ 32d Abs. 6 S. 1 EStG; § 52a Abs. 15 S. 15 EStG).

(10) Steuerabzug für Handwerkerleistungen

Über die Neufassung von § 35a Abs. 3 EStG wird sichergestellt, dass keine Mehrfachbegünstigung in Anspruch genommen werden kann. Soweit geförderte Maßnahmen durch zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse gefördert werden, können sich Handwerkerleistungen nicht zusätzlich mit einem Steuerabzugsbetrag für den Steuerpflichtigen günstig auswirken (§ 35a Abs. 3 EStG). Die Neuregelung gilt für Aufwendungen, die für Leistungen nach dem 31.12.2010 erbracht worden sind.

(11) „Stille-Reserven-Klausel“ beim Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft

Bekanntlich führt der Erwerb von mehr als 25% des gezeichneten Kapitals oder der Stimmrechte an einer Körperschaft innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren zum Untergang der noch nicht abgezogenen oder ausgeglichenen Verluste, dieses in Höhe des prozentualen Anteilserwerbs. Werden mehr als 50% der Anteile übertragen, führt dies zum vollständigen Untergang der Verluste. Dagegen sollte ein abziehbarer nicht genutzter Verlust nicht verloren gehen, soweit dieser trotz Vorliegens eines an sich schädlichen Beteilungserwerbs die stillen Reserven des inländischen Vermögens der Körperschaft nicht übersteigt (§ 8c Abs. 1 S. 6 KStG). Im Jahressteuergesetz 2010 ist nunmehr eine weitere Einschränkung vorgesehen. Diese betrifft den Fall, dass das Eigenkapital der Körperschaft, deren Anteile übertragen werden, negativ ist. Für diesen Fall ist bzgl. des Verlustvortrages, der erhalten werden soll, auf die stillen Reserven abzustellen, die sich als Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert des Betriebsvermögens und dem ausgewiesenen (negativen) steuerlichen Buchkapital ergeben.

(12) Wegfall des „Seeling-Effekts“ beim Vorsteuerabzug von Grundstücken

Hatte ein Unternehmer eine auch privat genutzte Immobilie seinem Unternehmensvermögen zugeordnet, konnte er bislang aus den Baukosten resultierende Vorsteuer in voller Höhe geltend machen. Die auch private Nutzung der Immobilie führte dazu, dass er über einen Zeitraum von 10 Jahren für die Privatnutzung Umsatzsteuer zu zahlen hatte. Voraussetzung für dieses Modell war, dass die unternehmerische Nutzung mindestens 10% betrug. Dieses Modell ist durch die neue gesetzliche Regelung in § 15 Abs. 1b UStG gekippt worden. Soweit die Immobilie neben unternehmerischen auch außerunternehmerischen Zwecken dient, ist die Vorsteuer anteilig nicht mehr abziehbar. Die Neuregelung gilt für Gebäude, die aufgrund eines nach dem 31.12.2010 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags erworben werden oder mit deren Herstellung nachdem 31.12.2010 begonnen wurde.
Der „Selling-Effekt“ ist noch erreichbar, soweit die Anschaffung bzw. der Herstellungsbeginn noch im Jahre 2010 vollzogen wird.

(13) Abgrenzung des Verwaltungsvermögens bei der Erbschaftsteuer

Die Begünstigung für die Übertragung eines Betriebs ist ausgeschlossen, wenn das Betriebsvermögen zu mehr als 50% schädliches Verwaltungsvermögen (Option 1) bzw. 10% (Option 2) umfasst. Verwaltungsvermögen ist dabei nichtbetriebsnotwendiges Vermögen. Umfasst Betriebsvermögen auch Anteile an einer Kapitalgesellschaft, ist auch für diese Kapitalgesellschaft festzustellen, inwieweit nichtbetriebsnotwendiges Verwaltungsvermögen umfasst ist. Die neue Regelung des § 13b Abs. 2 S. 6 ErbStG legt fest, dass die Bestimmung des Anteils des Verwaltungsvermögens am gemeinen Wert des Betriebs einer Kapitalgesellschaft entsprechend der Ermittlung des Wertes bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften vorzunehmen ist. Soweit zum Verwaltungsvermögen nichtbetriebsnotwendiges Vermögen gehört, das im Besteuerungszeitpunkt weniger als 2 Jahre dem Betrieb zuzurechnen war, ist dieses unabhängig von der 50%-/10%-Grenze stets dem nicht begünstigen Vermögen zuzurechnen. Im neuen § 13b Abs. 2 S. 7 ErbStG ist nunmehr geregelt, dass dieses junge Verwaltungsvermögen der Kapitalgesellschaft dazu führt, dass der darauf entfallende Anteil an der Kapitalgesellschaft im Betriebsvermögen des zu übertragenen Unternehmens stets zum Verwaltungsvermögen zählt.


B. Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)

Erstmals sind verpflichtend die Neuregelungen des BilMoG auf handelsrechtliche Jahresabschlüsse sowie Konzernabschlüsse anzuwenden für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 beginnen. Soweit das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, sind die Vorschriften zum 31.12.2010 zu beachten. Nachfolgend geben wir einen Überblick über die wesentlichen Inhalte sowie darüber, inwieweit die steuerliche Gewinnermittlung hierdurch berührt wird.

(1) Umgekehrte Maßgeblichkeit

Bisher ergab sich aus dem Prinzip der umgekehrten Maßgeblichkeit, dass steuerrechtliche Wahlrechte beim Ansatz und der Bewertung von Posten der Bilanz und der Gewinnund Verlustrechnung nur dann mit steuerrechtlicher Wirksamkeit ausgeübt werden konnten, wenn auch in der Handelsbilanz entsprechend verfahren wurde (umgekehrte Maßgeblichkeit). Dieses Prinzip wurde durch die Neufassung des § 5 Abs. 1 EStG aufgegeben. Danach kommen die handelsrechtlichen Vorschriften für den Ansatz und die Bewertung des Betriebsvermögens zwar weiterhin zur Anwendung, es sei denn, es wird ein steuerrechtlich zulässiger anderer Ansatz gewählt. Da die Neufassung von § 5 Abs. 1 EStG mangels gesonderter Anwendungsbestimmungen bereits für sämtliche Wirtschaftsjahre gilt, die im Veranlagungszeitraum 2009 enden, wirkt sich die Aufhebung des Prinzips der umgekehrten Maßgeblichkeit bereits für den Veranlagungszeitraum 2009 aus. Betroffen sind damit sämtliche Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2008 enden (z. B. bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr zum 30.06.2009).

In der Konsequenz ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass das Prinzip der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz grundsätzlich beibehalten wird. Etwas anderes gilt, soweit steuerrechtliche Sonderregelungen zu beachten sind. Die steuerlichen Wahlrechte sind autonom auszuüben. Eine Korrespondenz von Handelsbilanz und Steuerbilanz besteht insoweit nicht mehr. In der Handelsbilanz dürfen sich folglich steuerrechtlich sinnvolle Abschreibungen und Rücklagenbildungen nicht auswirken. Kommt es zu einem Auseinanderfallen von Wertansätzen in der Steuerbilanz und in der Handelsbilanz, sind über diese Wirtschaftsgüter für steuerliche Zwecke gesonderte Verzeichnisse zu führen. In diese Verzeichnisse ist der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen aufzunehmen. Steuerliche Rücklagen stellen insoweit keine Wirtschaftsgüter dar und sind daher nicht in ein Verzeichnis aufzunehmen, wenn die Rücklagen in der Steuerbilanz abgebildet werden. Betroffen von diesen Regelungen sind unter anderem die Rücklagen nach § 6b EStG für die Übertragung von stillen Reserven im Veräußerungsfall, die Bildung des Investitionsabzugsbetrages sowie die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach § 7g EStG und die Abbildung von Zuschüssen zu Investitionen als Rücklagen. Ebenso betroffen hiervon ist bei voraussichtlich dauernder Wertminderung das steuerrechtliche Wahlrecht zur Vornahme einer Teilwertabschreibung, während in der Handelsbilanz insoweit ein Abschreibungsgebot besteht. Einzubeziehen sind insoweit auch steuerrechtliche Wahlrechte, denen handelsrechtliche Wahlrechte gegenüberstehen, wie zum Beispiel die Bewertung nach Verbrauchsfolgefiktionen, der Ansatz von geringwertigen Wirtschaftsgütern sowie die Inanspruchnahme von degressiven Abschreibungen.

(2) Selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens

Soweit mit der Entwicklung selbstgeschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens nach dem 31.12.2009 begonnen wurde, können diese als Aktivposten in die Handelsbilanz aufgenommen werden. Das bisherige Aktivierungsverbot besteht nicht mehr. Ausgenommen hiervon sind jedoch die Aufwendungen für selbstgeschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten und andere vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände. Entscheidend für die Frage, ob ein Wertansatz in der Handelsbilanz gebildet werden darf, ist die Beantwortung der Frage nach der Einzelveräußerbarkeit. In der steuerlichen Gewinnermittlung bleibt es dabei, dass für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Aktivwert nur angesetzt werden darf, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Im Ergebnis können somit in der Handelsbilanz - steuerneutral - stille Reserven gehoben werden. Wird von dem handelsrechtlichen Wahlrecht Gebrauch gemacht, sind hierüber jedoch im Anhang entsprechende Angaben zu machen.

(3) Währungsgewinne

Nach § 256a HGB sind auf fremde Währung lautende Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zum Devisenkassamittelkurs am Abschlussstichtag umzurechnen. Bei einer Laufzeit der auf fremde Währung lautenden Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten von mehr als einem Jahr ist das Anschaffungs- und Herstellungskosten-, das Realisations- und das Imparitätsprinzip zu beachten. Es dürfen insoweit keine unrealisierten Gewinne aus der Währungsumrechnung erfasst werden. Ebenso scheidet eine über die Anschaffungs- und Herstellungskosten hinausgehende Zuschreibung aus. Bei Anwendung der vorstehenden Bewertungsvorschriften auf Forderungen kann es bei Laufzeiten unter einem Jahr bei zum Bilanzstichtag gestiegenen Kursen zum Ausweis nicht realisierter Gewinne kommen. Im umgekehrten Fall, bei sinkenden Kursen kann es ebenso beim Ansatz von Verbindlichkeiten, die auf fremde Währung lauten, zum Ausweis unrealisierter Verluste kommen.

(4) Rückstellungen

Waren bisher Rückstellungen mit dem Betrag anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig war und durften handelsrechtliche Rückstellungen nur abgezinst werden, wenn die ihnen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten einen Zinsanteil enthielten, fordert die Bewertungsvorschrift des § 253 Abs. 1 S. 2 HGB nunmehr, dass Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen sind. In der Konsequenz sind künftige Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen. Zudem ist eine feste Abzinsungsregelung vorgegeben. Die Deutsche Bundesbank ermittelt diese Zinssätze nach Maßgabe der Rückstellungsabzinsungsverordnung und gibt sie bekannt (www.bundesbank.de). In der Handelsbilanz führt die erstmalige Anwendung der Abzinsungsbestimmungen bei länger laufenden Rückstellungen zur Realisierung von Erträgen. Die neuen Bewertungsvorschriften zu den Rückstellungen haben für die Steuerbilanz keine Auswirkung. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. f EStG ist für steuerliche Zwecke geregelt, dass bei der Bewertung die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend sind und künftige Preis- und Kostensteigerungen nicht berücksichtigt werden dürfen. In der steuerlichen Gewinnermittlung kann es somit bei längerfristigen Rückstellungen zu Unterbewertungen kommen. Die handelsrechtliche Abzinsungsregelung wird durch die steuerrechtliche Sonderregelung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. e EStG verdrängt. Denn danach sind Rückstellungen fix mit 5,5 % abzuzinsen.

(5) Pensionsrückstellungen

Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen sind im Grundfall unter Zugrundelegung ihrer Restlaufzeit mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre abzuzinsen. Für die steuerliche Gewinnermittlung bleibt es bei dem starren Zinssatz gemäß § 6a EStG von 6 %. Allein daraus können sich in der Steuerbilanz erheblich niedrigere Ausweise für diese Rückstellungen ergeben.

Das Handelsrecht lässt auch eine zusammenfassende Abzinsung gemäß § 253 Abs. 2 S. 2 HGB zu. Danach können die Rückstellungen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz abgezinst werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. Diese Vereinfachungsregel darf jedoch nur angewendet werden, wenn in der Konsequenz ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt wird. Nach Maßgabe des Grundsatzes zur Bewertungsstetigkeit ist eine solche Bewertung beizubehalten. Künftig dürfte aufgrund des unterschiedlichen Zinsfaktors für Altersversorgungsverpflichtungen in der Handelsbilanz ein höherer Wertansatz zu erwarten sein, wenn bisher in Handelsbilanz und Steuerbilanz vom Wertansatz nach § 6a EStG ausgegangen wurde. Zudem sind bei dem handelsrechtlichen Wertansatz künftige Gehaltssteigerungen sowie eine längere Lebensdauer zu berücksichtigen. Ein sich aufgrund der Neubewertung der Altersversorgungsverpflichtungen ergebender Mehrbetrag ist zumindest zu einem Fünfzehntel (1/15) bis spätestens zum 31.12.2024 dem bisherigen Wertansatz zuzuführen. Es darf allerdings auch der Zuführungsbetrag in einer Summe eingestellt werden.

Die Steuerbilanz bleibt von der Neubewertung der Verpflichtungen für Altersversorgungen unberührt, insoweit ist die Vorschrift des § 6a EStG weiterhin anzuwenden.

(6) Latente Steuern

Latenzen ergeben sich aufgrund von Buchwertunterschieden zwischen Handels- und Steuerbilanz. Aktive Steuerlatenzen können sich ergeben, wenn das steuerliche Buchvermögen höher als das handelsrechtliche Buchvermögen ist und sich dies in Zukunft mit einiger Wahrscheinlichkeit ergebniswirksam ausgleichen wird. In der Konsequenz ist das Steuerbilanzergebnis gegenüber dem handelsrechtlichen Ergebnis zu hoch; hieraus resultiert ein latenter Steuererstattungsanspruch. Aktive Steuerlatenzen kommen beispielsweise deshalb in Betracht, weil in der Steuerbilanz Drohverlustrückstellungen nicht gebildet werden dürfen, in der Handelsbilanz die künftige Preis- und Kostenentwicklung bei der Berechnung von Verbindlichkeitsrückstellungen einbezogen wird, die Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz mit einem höheren Zins abgezinst wird, in der Handelsbilanz Zölle und Verbrauchssteuern als Aufwand berücksichtigt werden, während in der Steuerbilanz ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zwingend zu bilden ist und letztlich aufgrund von steuerlichen Verlustvorträgen in Höhe der innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erwartenden Verlustverrechnungen aktive latente Steuern begründet werden.

Passive Steuerlatenzen entstehen, wenn das steuerrechtliche Betriebsvermögen geringer als das handelsrechtlich ausgewiesene Vermögen ist und in der Zukunft mit einer steuerlichen Mehrbelastung aufgrund der Ertragsteuerwirksamen Angleichung zu rechnen ist. In der Vergangenheit ergaben sich solche passiven Latenzen, wenn zum Beispiel die Kosten für die Ingangsetzung oder Erweiterung als Bilanzierungshilfe aktiviert wurden, was steuerrechtlich unzulässig war. Aufgrund des Auseinanderfallens von Handelsbilanz und Steuerbilanz können sich passive Steuerlatenzen in Zukunft ergeben, wenn in der Steuerbilanz einer steuerlicher Sonderposten (z. B. Rücklage gemäß § 6b EStG) gebildet wird, der handelsrechtlich aufgrund der Aufgabe des Prinzips der umgekehrten Maßgeblichkeit nicht in die Bilanz aufgenommen wird. Ebenso sind passive Steuerlatenzen zu erwarten beim Ansatz von selbstgeschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, beim Ausweis unrealisierter Währungsgewinne in der Handelsbilanz, die in der Steuerbilanz nicht nachvollzogen werden dürfen oder wenn in der Handelsbilanz stille Reserven aufgedeckt werden, zum Beispiel im Zug von Umstrukturierungen, während steuerlich die Buchwerte fortgeschrieben werden müssen.

Vom Anwendungsbereich der Steuerlatenzen sind Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften betroffen. Da es bei den latenten Steuern um die Belastungen des bilanzierenden Unternehmens geht, und nicht um die Belastung der Gesellschafter, kommt ein Ausweis von Steuerlatenzen bei Personengesellschaften nur für latente Gewerbesteuer in Betracht. Bei Kapitalgesellschaften, die eigenständig körperschaftsteuer- und gewerbesteuerpflichtig sind dagegen auch für Steuerlatenzen, die sich auf die Körperschaftsteuer beziehen.

Nach den Regelungen des BilMoG werden kleine Gesellschaften von der Verpflichtung zum Ausweis latenter Steuern ausgenommen (§ 274a Nr. 5 HGB). Kleine Kapitalgesellschaften sind gemäß § 267 Abs. 1 HGB solche, die mindestens zwei der drei maßgeblichen Größenmerkmale nicht überschreiten:

  • Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrages € 4.840.000;
  • Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag € 9.680.000;
  • im Jahresdurchschnitt 50 Arbeitnehmer.

C. Gesetzentwurf zur besseren Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung

Am Mittwoch, den 8. Dezember 2010 hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf, der insbesondere Einschränkungen bei der strafbefreienden Selbstanzeige vorsieht, beschlossen. Vor dem Hintergrund, dass es in jüngster Zeit eine Flut von Selbstanzeigen bei den Steuerbehörden gab, die insbesondere auf dem Ermittlungsdruck beruhten, der durch den Ankauf von Steuerdaten aus dem Ausland entstand, soll mit der Neuregelung ein Missbrauch der strafbefreienden Selbstanzeige ausgeschlossen werden. Da oft nicht alle Tatbestände der Steuerhinterziehung vollständig angezeigt würden, vielmehr nur das offengelegt würde, was die Medien bekannt gemacht haben, beschränkte sich nach den Erkenntnissen der Bundesregierung die Anzeige ausschließlich auf das Herkunftsland der Datenträger und die dort genannten Geldinstitute. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Straffreiheit infolge einer Selbstanzeige nur noch dann zu gewähren ist, wenn der Steuerpflichtige alle Besteuerungsgrundlagen und Sachverhalte vollständig und zutreffend nacherklärt. Eine Selbstanzeige ist künftig nur noch bis zur Bekanntgabe der Prüfungsanordnung durch die Finanzbehörde möglich, nicht mehr bis zum Erscheinen des Steuerprüfers. Für bereits abgegebene Teilselbstanzeigen gilt, dass diese nur noch in dem erklärten Umfang zur Straffreiheit führen. Stellt die Finanzbehörde darüber hinaus Steuerhinterziehungstatbestände fest, sind diese strafbar. Der Gesetzentwurf erweitert außerdem die Straftatbestände für Geldwäsche. Gewerbs- und bandenmäßig betriebene Marktmanipulationen, Insiderhandel und Produktpiraterie sollen künftig strafrechtlich zu Vortaten der Geldwäsche zählen.

Der Gesetzentwurf soll noch im Monat Dezember im Bundestag beraten werden. Zielvorstellung ist es, die Neuregelungen im Monat April 2011 in Kraft zu setzen.

D. Elektronische Bilanz (§ 5e EStG)

Das Finanzministerium hat auf Grundlage der Ermächtigungsnorm des § 51 Abs. 4 Nr. 1c EStG eine Verordnung zur Festlegung eines späteren Anwendungszeitpunktes der Verpflichtung zur Einreichung der Bilanz in elektronischer Form vorgelegt. Danach soll der zeitliche Anwendungsbereich der elektronischen Übermittlung von Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen auf Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2011 beginnen, verschoben werden (§ 52 Abs. 15a EStG sah dagegen insoweit eine erstmalige Anwendung für nach dem 31.12.2010 beginnende Wirtschaftsjahre vor). Der vorstehenden Verordnung soll der Bundesrat am 17. Dezember 2010 zustimmen.

E. Steuervereinfachungsgesetz

Derzeit wird von den Referenten im Finanzministerium ein Katalog erarbeitet, der u.a. Vereinfachungen im Veranlagungs- und Deklarationsverfahren vorsieht. Der Referentenentwurf soll im Januar 2011 kabinettsreif vorliegen. Die Umsetzung der Vereinfachungsregelungen sollen zum 01.01.2012 erfolgen. Elektronische Rechnungen sollen bereits ab dem 01.07.2011 anerkannt werden.


IV. Aus der Rechtsprechung

(1) Einkommensteuer; Ansparabschreibung zur Kompensation eines Betriebsprüfungsmehrergebnisses

Nach dem Urteil des BFH vom 17.06.2010 - III R 43/06 kann eine Rücklage für die künftige Anschaffung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens (Ansparabschreibung) auch nachträglich im Wege der Bilanzänderung für Zwecke der Kompensation eines Mehrergebnisses aufgrund einer Betriebsprüfung gebildet werden. Jedoch setzt diese Rücklagenbildung voraus, dass ein Finanzierungszusammenhang zwischen Investition und Rücklagebildung besteht. Dieser Zusammenhang ist dann gegeben, wenn die nach altem Recht in der Bilanz auszuweisende Rücklage zu einem Zeitpunkt gebildet wird, zu dem noch innerhalb der zweijährigen Ansparzeit die Investition hätte durchgeführt werden können. Im Urteilsfall scheiterte der Steuerpflichtige an dieser Voraussetzung. Die Grundsätze des Urteils sind auch für den ab 2007 geltenden Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g EStG n. F. von Bedeutung. Wenngleich der Investitionsabzugsbetrag nicht mehr von dem Erfordernis der Zulässigkeit der Durchführung einer Bilanzänderung abhängt, da der Abzugsbetrag außerhalb der Bilanz vorgenommen wird, ist der vorgestellte Finanzierungszusammenhang aber nach wie vor möglich. An diesem Finanzierungszusammenhang würde es fehlen, wenn der Abzugsbetrag er nach Ablauf des nunmehr dreijährigen Investitionszeitraums erst geltend gemacht wird.

(2) Einkommensteuer; Abziehbarer Aufwand auch bei abgekürztem Vertragsweg

Nach dem BFH-Urteil vom 28.09.2010 - IX R 42/09 können Erhaltungsaufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch dann vorliegen, wenn der zugrundeliegende Werkvertrag von einem Dritten, z. B. einer GmbH im eigenen Namen, aber im Interesse des Steuerpflichtigen geschlossen wurde und der Dritte, die GmbH, dem Steuerpflichtigen den Betrag im Anschluss zuwendet. Diese Zuwendung kann auch in einer verdeckten Gewinnausschüttung zugunsten des Steuerpflichtigen liegen. Im Ergebnis verhält es sich so, dass durch eine GmbH in Auftrag gegebene Instandsetzungsmaßnahmen für ein Gebäude des Steuerpflichtigen als dem Steuerpflichtigen zugewendet gelten und zugleich eine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an ihn darstellen. Der BFH wendet mit diesem Urteil seine bisherige Rechtsprechung zum „abgekürzten Vertragsweg" auch auf die Zuwendung von Erhaltungsaufwendungen im Wege der verdeckten Gewinnausschüttung an. Der Steuerpflichtige hat den Zufluss dieser Zuwendung als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern, gegebenenfalls nach dem Teileinkünfteverfahren lediglich zu 60 %, kann aber andererseits in voller Höhe die Werbungskosten geltend machen.

(3) Umsatzsteuer; Reverse-Charge-Verfahren im Bausektor

Nach dem Gerichtsbescheid des Finanzgerichts Münster vom 01.09.2010 - 5 K 3000/08 U genügt selbst die gelegentliche Erbringung von Bauleistungen dafür, um einem Unternehmer die Pflicht aufzuerlegen, anstelle des tatsächlich leistenden Bauunternehmers die Umsatzsteuer für empfangene Bauleistungen an das Finanzamt abzuführen. Während die Finanzverwaltung auf Grundlage der Umsatzsteuerrichtlinien dies erst dann fordern kann, wenn eine nachhaltig erbrachte, eigene Bauleistungstätigkeit des Leistungsempfängers vorliegt, reicht für das Finanzgericht Münster bereits die nur gelegentliche Erbringung von Bauleistungen durch den Empfänger der hier in Rede stehenden Bauleistung aus.

(4) Bilanzsteuerrecht; Rückstellungen für die Kosten einer Betriebsprüfung bei Großbetrieben

Erneut hat sich ein Finanzgericht gegen die Verwaltungsgrundsätze der Finanzverwaltung gestellt. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass bei Großbetrieben die Bildung einer Rückstellung für die Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung auch ohne Vorliegen einer Prüfungsanordnung zulässig ist (Urteil vom 14.10.2010 - 3 K 2555/09). Die Bildung einer Rückstellung für die Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung bezüglich der auf die für den Prüfer anfallenden Sachkosten sowie die Personal- und Sachkosten für die Ansprechpartner des Prüfers während der Prüfung ist zulässig. Die Verpflichtung des Steuerpflichtigen, an der Prüfung mitzuwirken, hat ihren wirtschaftlichen Bezugspunkt in der gewerblichen Tätigkeit und unterscheidet sich nicht von den Kosten für die Erstellung des Jahresabschlusses. Fraglich ist, zu welchem Zeitpunkt der Aufwand hinreichend konkretisiert ist und die Bildung der Rückstellung zu erfolgen hat. Nach den amtlichen Einkommensteuerhinweisen (H 5.7 Abs. 4 EStR 2009) setzt die Finanzverwaltung voraus, dass eine Prüfungsanordnung vorliegt. Das Finanzgericht ist anderer Auffassung. Nach dem Finanzgerichtsurteil müssen Entstehen der Verbindlichkeit und Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen überwiegend wahrscheinlich sein. Bei Großbetrieben liegt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit vor, da nach der Betriebsprüfungsordnung die Anschlussprüfung der vorgesehene Regelfall ist und das „Auslassen" einzelner Jahre die Ausnahme darstellt. In den Monatsberichten des Bundesfinanzministeriums für die Jahre 2007 bis 2009 seien die Wahrscheinlichkeiten einer Anschlussprüfung mit 78,5 % und 81,7 % angegeben. Somit sei es hinreichend wahrscheinlich, dass eine Anschlussprüfung stattfinden wird. Diese hinreichende Wahrscheinlichkeit ersetzt im Ergebnis des Finanzgerichts die Notwendigkeit des Vorliegens einer konkreten Prüfungsanordnung. Da die Kosten für die Betreuung der Betriebsprüfung durch den Steuerpflichtigen oder durch dessen steuerlichen Berater gerade bei Großbetrieben durchaus erhebliche Größen erreichen können, sollten Großbetriebe auf jeden Fall für die zu erwartenden Kosten im Zusammenhang mit einer steuerlichen Außenprüfung Rückstellungen bilden. Möglicherweise könnten die Grundsätze der Finanzgerichtsrechtsprechung auch bei kleineren Unternehmen angewendet werden. Stehen nämlich die Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO gibt die Finanzverwaltung zu erkennen, dass sie den Fall noch nicht abschließend bearbeitet hat. Sie gibt darüber hinaus zu erkennen, dass sie den Fall noch einmal überprüfen will. Hieraus kann der Schluss gezogen werden, dass eine künftige Betriebsprüfung überwiegend wahrscheinlich ist. Liegen folglich zum Zeitpunkt der Bildung einer Rückstellung Steuerbescheide für Vorjahre mit diesem Vorbehaltsvermerk vor, dürfte die Rückstellungsbildung vertret-bar sein. Auf dieser Basis könnten auch für andere öffentlich-rechtliche Prüfungen Prüfungskostenrückstellungen gebildet werden. Zu denken ist an die Prüfung durch die Rentenversicherungsträger, die zwischenzeitlich lückenlos alle vier Jahre die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber überprüfen. In diesem Zusammenhang werden auch die Beiträge für die Künstlersozialversicherung überprüft. Damit dürfte die von der Rechtsprechung geforderte überwiegende Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme für Prüfungskosten vorliegen.

(5) Wirtschaftsstrafrecht; kein Beweisverwertungsverbot für illegal erworbene Steuersünder-Daten

Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 09.11.2010 - 2 BVR 2101/09 sind von den deutschen Behörden angekaufte Daten-CDs mit belastenden Informationen über mutmaßliche Steuerhinterzieher im Strafverfahren verwertbar. Es sei von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass ein Strafgericht den für eine Durchsuchung erforderlichen Anfangstatverdacht auch auf die Erkenntnisse solcher Daten stützt. Es komme nicht darauf an, ob der Ankauf der Daten von Informationen im In- oder Ausland ursprünglich rechtmäßig war. Bei rechtsfehlerhafter Beweiserhebung mache die sog. Fernwirkung eine Verwertung der gewonnenen Beweise nicht stets für das gesamte Strafverfahren unzulässig. Ein Beweisverwertungsverbot bestehe selbst dann nicht, wenn bei der Datenbeschaffung nach innerstaatlichem Recht rechtswidrig oder sogar strafbar gehandelt worden ist. Auch sei die Umgehung völkerrechtlicher Übereinkommen unschädlich, weil sich aus der Verletzung eines völkerrechtlichen Vertrages, der keine persönlichen Rechte gewährt, kein Verwertungsverbot ergebe.

(13.12.2010, Redaktion: Neulken & Partner)

13. Dezember 2010

Rundschreiben XII/2010

In monatlicher Abfolge informieren wir über ausgewählte Entscheidungen speziell der Finanzgerichte und Anweisungen der Finanzverwaltung.

Die Informationen sind sorgfältig aus verlässlichen Quellen herausgesucht und bearbeitet. Gleichwohl kann weder eine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit, noch jedwede Haftung übernommen werden.

Hinweise und Tipps haben lediglich allgemeinen Charakter und sind in jeder Hinsicht unverbindlich. Sie können eine konkrete Einzelfallberatung nicht ersetzen.

Sollten sich zu Ihren individuellen Belangen Fragen ergeben, informieren wir Sie gerne in einem persönlichen Gespräch und entwickeln zusammen mit Ihnen Lösungsansätze.

I. Wichtige Steuer- und Sozialversicherungstermine

Dezember 2010

10.12.2010:

  • Einkommensteuer und Kirchensteuervorauszahlungen
  • Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer für Monatsanmelder


28.12.2010:

  • Sozialversicherungsbeitrag

Die Schonfrist für die am 10.12.2010 fälligen Steuern läuft am 13.12.2010 ab.


II. Hinweise zum Jahresende

(1) Degressive Absetzung für Abnutzung (AfA)

Die degressive AfA, die für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens erlaubt ist, kann nach § 7 Abs. 2 S. 1 EStG nur noch für solche Anlagegüter in Anspruch genommen werden, die vor dem Jahreswechsel angeschafft oder hergestellt werden. Sie beträgt das Zweieinhalbfache der linearen AfA, höchstens 25% der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Soweit eine Anschaffung vorgesehen ist, wäre zu überlegen, ob diese Investition nicht in das noch laufende Jahr 2010 vorgezogen wird.

(2) Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) und Sammelposten

Die vor dem 01.01.2008 geltende Rechtslage ist auf GWG, die nach dem 31.12.2009 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden, wiederum anwendbar. Damit besteht das Wahlrecht zur Sofortabschreibung selbstständig nutzbarer und bewertbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit Anschaffungskosten von netto bis zu € 410,00. Alternativ kann für alle abnutzbaren beweglichen Anlagegüter, die selbstständig nutzbar sind und deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten netto mehr als € 150,00, aber nicht mehr als € 1.000,00 betragen, die sogenannte Pool-Abschreibung gemäß § 6 Abs. 2a EStG über 5 Wirtschaftsjahre erfolgen. Zu beachten ist jedoch, dass ein Nebeneinander der GWG-Sofortabschreibung sowie der Pool-Abschreibung in demselben Wirtschaftsjahr ausgeschlossen ist. Hier ist das Wahlrecht einheitlich auszuüben. Auf den ersten Blick mag sich aufdrängen, dass die Sofortabsetzung der Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bis zu € 410,00 vorteilhafter sei. Folge wäre, dass die Pool-Abschreibung auch für die Wirtschaftsgüter bis zu € 1.000,00 nicht mehr in Betracht kommt. Hierzu ist jedoch auch zu bedenken, dass die Pool-Abschreibung über 5 Jahre einheitlich mit 20% erfolgt, unabhängig vom Datum des Zugangs im laufenden Wirtschaftsjahr. Soweit die Pool-Abschreibung nicht zum Ansatz kommt, müssten die Wirtschaftsgüter mit einem Anschaffungs- bzw. Herstellungswert über € 410,00 im Jahr des Zugangs zeitanteilig abgeschrieben werden.

Für Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs-bzw. Herstellungskosten bzw. einem Einlagewert bis zu € 150,00 netto kann ein wirtschaftsgutbezogenes Wahlrecht ausgeübt werden. Entweder werden die Erwerbsaufwendungen im Zugangsjahr voll abgesetzt oder es erfolgt die Verteilung der Erwerbsaufwendungen auf die Nutzungsdauer. Dieses Wahlrecht kann unabhängig von der Ausübung des Wahlrechts für Wirtschaftsgüter über € 410,00 in Anspruch genommen werden.

(3) Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibungen für Investitionen (§ 7g EStG)

Für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags bzw. der Sonderabschreibung nach § 7g EStG können letztmals zum 31.12.2010 die bestehenden Größenmerkmale in Anspruch genommen werden. Für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags wird bei einem Wirtschaftsjahr, das dem Kalenderjahr entspricht, auf die Verhältnisse zum 31.12.2010 abgestellt. Für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung dagegen ist zu beachten, dass die Größenmerkmale zum 31.12.2010 nur noch gelten, wenn die Investition bis zum 31.12.2010 auch tatsächlich durchgeführt ist.

Bilanzierende Gewerbetreibende und Freiberufler dürfen ein Eigenkapital von nicht mehr als € 335.000 ausweisen. Endet das Wirtschaftsjahr nach dem 31.12.2010 bzw. wird die Investition nach dem 31.12.2010 durchgeführt, kommen die Begünstigungen nach § 7g EStG nur in Betracht, wenn das Eigenkapital nicht mehr als € 235.000 beträgt. Bei Gewerbetreibenden und Freiberuflern, die die Gewinnermittlung anhand der Einnahme-Überschuss-Rechnung erstellen, wird anstelle des Eigenkapitals der Gewinn als Größenmerkmal herangezogen. Dieser darf für das Wirtschaftsjahr, das vor dem 01.01.2011 endet bzw. für Investitionen, die vor dem 01.01.2011 durchgeführt wurden, nicht mehr als € 200.000 betragen. Künftig erfordert die Anwendung des § 7g EStG, dass der Gewinn nicht mehr als € 100.000 beträgt.

(4) Teilabzugsverbot bei Liquidation und Anteilsveräußerung gesetzlich normiert

Der Gesetzgeber hat auf die BFH-Rechtsprechung (BFH, Urt. v. 25.06.2009 – IX R 42/08), wonach das Teilabzugsverbot für Anschaffungskosten für Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Falle der Liquidation bzw. des Anteilsverkauf nicht zur Anwendung kommt, wenn aus der Beteiligung keine Gewinnausschüttungen bezogen wurden, durch eine Gesetzesänderung nunmehr gesetzlich normiert. Mit § 3c Abs. 2 S. 2 EStG ist eine Nichtanwendungsnorm eingefügt worden. Diese besagt, dass die Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen ausreicht, um dem Teilabzugsverbot des § 3c Abs. 2 S. 1 EStG zu unterfallen.

Bei ertraglosen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft kann folglich der Abschluss der Liquidation bis zum 31.12.2010 oder die Veräußerung des Anteils noch dazu genutzt werden, die vollen Anschaffungskosten dem Liquidationserlös bzw. dem Veräußerungserlös gegenzurechnen. Nach dem 31.12.2010 sind hingegen nur noch 60% der Anschaffungskosten abziehbar.

(5) Aufbewahrungspflichten

Nach § 147 Abs. 1 AO unterliegen insbesondere

  • Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen,
  • empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe,
  • Kopien der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe,
  • Buchungsunterlagen,
  • sonstige Unterlagen soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind,

der Aufbewahrungspflicht. Die Handelskorrespondenz ist dabei 6 Jahre aufzubewahren die übrigen Unterlagen 10 Jahre. An dieser Stelle sei ausdrücklich auf die Verzögerung hingewiesen, die für die Aufbewahrungsfristen zu beachten sind. So beginnt die Aufbewahrungsfrist für Bücher und Aufzeichnungen (z.B. Buchhaltungskonten) erst mit Ablauf des Jahres, in dem die letzte Eintragung erfolgte. Für Bilanzen und Inventare gilt, dass die Aufbewahrungsfrist erst nach dem Jahr der Aufstellung zu laufen beginnt. Generell ist der Fristablauf der Aufbewahrungspflicht gehemmt, soweit und solange die Unterlagen für nicht verjährte Steuerfestsetzungen von Bedeutung sind (§ 147 Abs. 3 AO). Des Weiteren ist auch auf die besonderen Aufwahrungspflichten hinzuweisen, die für Steuerpflichtige gelten, die ihre positiven Einkünfte im Rahmen der Einnahme-Überschuss-Rechnung ermitteln. Beträgt der positive Überschuss dieser Einkünfte aus allen so zu ermittelten Einkünften insgesamt mehr als € 500.000, sind die Aufzeichnungen und Unterlagen über die den Überschusseinkünften zugrunde liegenden Einnahmen und Werbungskosten 6 Jahrelang aufzubewahren. Diese Aufbewahrungspflicht betrifft Arbeitnehmer, Steuerpflichtige mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen und Steuerpflichtige, die sonstige Einkünfte erzielen.

(6) Einnahme-Überschuss-Rechnung

Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gilt das Zufluss-Abflussprinzip. Durch vorgezogene Betriebsausgaben und verzögerte Vereinnahmung von Betriebseinnahmen kann Einfluss auf den steuerpflichtigen Gewinn ausgeübt werden. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben sind aber wirtschaftlich dem Jahr zuzurechnen zu dem sie wirtschaftlich gehören, wenn sie innerhalb von 10 Tagen vor oder nach dem Ende des Kalenderjahres geleistet werden (z.B. Zinsen, Mieten). Zu den regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben gehört auch die Umsatzsteuer, wenn sie bis zum 10.01. für den letzten Voranmeldungszeitraum des vorangegangenen Kalenderjahres entrichtet wird. Im Falle einer Lastschriftermächtigung des Finanzamts gilt die Umsatzsteuer unabhängig vom Zeitpunkt der Bezahlung als am 10.01. abgebucht. Insoweit ist die Umsatzsteuerzahlung für den Monat Dezember bis zum 10.01. im nachfolgenden Monat Januar noch als Betriebsausgabe des vorangegangen Wirtschaftsjahres zu erachten.

(7) Gesellschafterdarlehen

Während unverzinsliche Gesellschafterdarlehen an eine Personengesellschaft keiner Abzinsung unterliegen (BFH, Urt. v. 24.01.2008 – IV R 37/06), unterliegen Gesellschafterdarlehen an eine Kapitalgesellschaft der Abzinsung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Die Abzinsungsregelung betrifft auch Darlehen mit unbestimmter Laufzeit, die nach § 488 Abs. 3 S. 2 BGB mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden können. Hiervon losgelöst beurteilt der BFH die Laufzeit vorrangig anhand des Gesichtspunkts der tatsächlichen wirtschaftlichen Belastung, die nach Auffassung des BFH nicht von der zivilrechtlichen Ausganglage, sondern davon abhängt, für welchen Zeitraum der Schuldner nach den tatsächlichen Verhältnissen mit der Überlassung des Kapitals rechnen könne (BFH-Urt. v. 06.10.2009 – I R 4/08). Zur Vermeidung der Abzinsung ist die Vereinbarung eines Zinses für das Gesellschafterdarlehen erforderlich. Eine geringfügige Verzinsung (z. B. 1%) ist ausreichend. Angesichts der Tatsache, dass sich bei solchen Darlehen, die bereits eine längere Zeit zinslos einer Kapitalgesellschaft überlassen wurden, die Abzinsung nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes richtet, führt die Abzinsung zu einem spürbaren Ertrag bei der Kapitalgesellschaft. Insofern sollten die Gesellschafterdarlehen, soweit sie zum Jahresende noch valutieren, kritisch betrachtet werden.

(8) Gewinnrealisation: Verlagerung des Zeitpunktes

Bilanzierende Steuerpflichtige haben durch die Verlagerung des Gewinnrealisierungszeitpunkts eine Möglichkeit, auf den steuerpflichtigen Gewinn zum 31.12. Einfluss zu nehmen. Bei Lieferungen ist für die Frage der Gewinnrealisierung der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr übergehen. Bei Werkverträgen kommt es auf die Fertigstellung oder Abnahme durch den Vertragspartner an. Soweit Übergabe- oder Abnahmezeitpunkt über den Bilanzstichtag hinaus verschoben werden können, tritt folglich die Gewinnrealisierung aus einer Lieferung oder einem Auftrag erst im neuen Geschäftsjahr ein. Hinsichtlich der Werkverträge sei jedoch daraufhin gewiesen, dass im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, dass sich nach der Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 die Mängelhaftung im Werkvertragsrecht am Kaufrecht orientiere. Damit würde die Gewinnrealisation bei Werkverträgen nicht erst bei Abnahme, sondern bereits bei Übergabe eintreten (Wendt, BFH-PR 2006, S. 16, 17; Kempermann, DStR 2006, S. 1895).

(9) Kapitalerträge: Verlustausgleich und Verlustvortrag bei Veräußerungsgeschäften

Verluste aus der Veräußerung von Wertpapieren können nur mit Kapitalerträgen, nicht aber mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 43a Abs. 3 S. 2 EStG) sind dabei die depotführenden Kreditinstitute verpflichtet, negative Kapitalerträge bis zur Höhe der positiven Kapitalerträge auszugleichen; im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung kann dieser Ausgleich nicht rückgängig gemacht werden. Verluste aus der Veräußerung von Aktien dürfen nur mit Gewinnen aus Veräußerungen von Aktien ausgeglichen werden. Anleihen, Zertifikate, Termingeschäfte und Fondsanteile sind von dieser einschränkenden Verlustausgleichsregelung nicht betroffen. Soweit Verluste in diesen beiden Verrechnungskreisen nicht ausgeglichen werden können, sind sie bei den depotführenden Kreditinstituten auf das nächste Jahr zu übertragen. Mittels einer nach amtlichem Vordruck zu erstellenden Bescheinigung kann der Steuerpflichtige die nicht ausgeglichenen Verluste in seine Einkommensteuerveranlagung übernehmen. Dazu muss er bis spätestens zum 15.12.2010 bei seiner Bank oder der entsprechenden auszahlenden Stelle einen Antrag auf Ausstellung der Bescheinigung stellen.


III. Aus der Gesetzgebung

A. Jahressteuergesetz 2010

Den vom deutschen Bundestag am 28.10.2010 angenommenen Gesetzentwurf hat der Bundesrat am 26.11.2010 zugestimmt. Nachfolgend geben wir auszugsweise einen Überblick über die wesentlichen Gesetzesänderungen im Steuerrecht.

(1) Steuerbefreiungen ehrenamtlicher Betreuer

Neu eingeführt wurde im § 3 Nr. 26b EStG eine Befreiungsvorschrift für Steuerpflichtige, die als ehrenamtlicher Vormund, ehrenamtlicher rechtlicher Betreuer oder als ehrenamtlicher Pfleger eine Aufwandsentschädigung nach § 1835a BGB erhalten. Höchstens steuerfrei sind dabei zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG aus nebenberuflicher Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher oder einer ähnlichen Tätigkeit Einnahmen bis zu € 2.100,00.

(2) Ausdehnung des Teilabzugsverfahrens

Wie bereits unter II. ausgeführt, unterfallen ab dem Veranlagungszeitraum 2011 die Anschaffungskosten von Anteilen an Kapitalgesellschaften grundsätzlich dem Teilabzugsverbot. Die Ertraglosigkeit solcher Anteile steht dem nicht mehr entgegen, denn nach § 3c Abs. 2 S. 2 EStG in der Neufassung ist es für die Anwendung des Teilabzugsverbots ausreichend, dass die Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft bestanden hat. Soweit folglich bei ertraglosen Anteilen an Kapitalgesellschaften eine Veräußerung beabsichtigt ist, sollte diese noch im Veranlagungszeitraum 2010 erfolgen, da hier für den Fall, dass keine Gewinnausschüttungen für diese Anteile erfolgt sind (auch keine verdeckten Gewinnausschüttungen), das Teilabzugsverbot nicht greift.

(3) Weitere Entstrickungstatbestände

Der BFH hatte mit Urteil vom 17.07.2008 – I R 77/06 entschieden, dass die Überführung eines Wirtschaftsgutes in eine ausländische Betriebsstätte nicht die Besteuerung der stillen Reserven im Zeitpunkt der Überführung rechtfertige. Wohl im Hinblick auf den damit drohenden Steuerausfall hat der Gesetzgeber reagiert. Soweit das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland für die stillen Reserven ausgeschlossen oder beschränkt wird, sichert § 4 Abs. 1 S. 4 EStG sowie § 12 Abs. 1 S. 2 KStG die Anwendung der sogenannten „finalen Entnahmetheorie“ und damit die Besteuerung im Inland. Diese gilt rückwirkend für alle noch offenen Fälle. Für die Überführung einzelner Wirtschaftsgüter in eine ausländische Betriebsstätte regelt § 6 Abs. 5 S. 1 EStG durch den Hinweis auf § 4 Abs. 1 S. 4 EStG, dass der Ansatz der Buchwerte im Zusammenhang mit der Überführung nicht in Betracht kommt. Dies führt zur Auslösung und Besteuerung der stillen Reserven. Der neue § 16 Abs. 3a EStG stellt den Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter eines Betriebs oder eines Teilbetriebs der Betriebsaufgabe gleich. Auch diese Vorschrift ist rückwirkend anzuwenden auf alle offenen Fälle. Gem. § 36 Abs. 5 EStG kann der Steuerpflichtige auf Antrag die festgesetzte Steuer in 5 gleichen Jahresraten entrichten, vorausgesetzt, dass die Wirtschaftsgüter einem Betriebsvermögen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR zuzuordnen sind und sofern diese Staaten Amtshilfe entsprechend oder im Sinne der Richtlinie 77/799 EWG leisten. Die erste Jahresrate ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten, die übrigen Jahresraten jeweils am 31.05. der Folgejahre. Eine Verzinsung ist nicht vorgesehen. Für den Fall, dass der Betrieb oder der Teilbetrieb während des Fünfjahreszeitraums eingestellt, veräußert oder in ein Nicht-EU- oder Nicht-EWR-Staat verlegt, ist die noch nicht entrichtete Steuer innerhalb eines Monats nach diesem Zeitpunkt fällig.

(4) Häusliches Arbeitszimmer

Soweit für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sind Arbeitszimmerkosten bis zur Höhe von € 1.250,00 p.a. als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 2, 3 EStG).

(5) Abschreibung nach Einlage

Neu geregelt wurde in § 7 Abs. 1 S. 5 EStG der Einlagewert von Wirtschaftsgütern, die durch den Steuerpflichtigen aus dessen Privatvermögen in ein Betriebsvermögen überführt werden. Grundsätzlich sind Einlagen mit dem Teilwert zum Zeitpunkt der Zuführung des Wirtschaftsgutes zu bewerten. Jedoch ist für Einlagen nach dem 31.12.2010 zu beachten, dass der Einlagewert als AfA-Bemessungsgrundlage um die bis zum Zeitpunkt der Einlage bereits vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung oder Substanzverringerung, Sonderabschreibungen oder erhöhte Absetzungen zu verringern ist.

(6) Verlustfeststellung

§ 10d Abs. 4 S. 4 und 5 EStG sehen eine verfahrensmäßige Wechselwirkung zwischen der Einkommensteuerfestsetzung und dem Verlustfeststellungsverfahren vor. War bisher die Verlustfeststellung in einem gesonderten Verfahren vorzunehmen, unabhängig von der zugrundeliegenden Einkommensteuerfestsetzung, entfalten die Einkommensteuerbescheide nunmehr Bindungswirkung, wie ein Grundlagenbescheid für die Verlustfeststellung. Eine Verlustfeststellung soll nur dann durchführbar sein, wenn der Steuerbescheid noch aufgehoben, geändert oder berichtigt werden kann, es sei denn, der Einkommensteuerbescheid wird nicht geändert, weil die festzusetzende Steuer sich dadurch nicht ändern würde. Diese Neuregelung ist für Verluste anzuwenden, für die nach der Verkündung des Jahressteuergesetzes 2010 eine entsprechende Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird. Für Gewerbeverluste (Gewerbesteuer) ist eine ähnliche Regelung zur Feststellung getroffen worden (§ 35b Abs. 2 S. 2, 3 GewStG).

(7) Steuerpflicht der Erstattungszinsen nach § 233a AO

Der BFH hatte mit Urteil vom 15.06.2010 – VII R 33/07 entschieden, dass Erstattungszinsen im Sinne des § 233a AO, die nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbar sind (z. B. Einkommensteuer), beim Empfänger nicht der Besteuerung unterliegen. Unter Durchbrechung dieser Rechtsprechung ist nunmehr gesetzlich geregelt, dass Erstattungszinsen zu den Kapitalerträgen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören. Die Neuregelung ist in allen Fällen anzuwenden, in denen die Steuerfestsetzung noch nicht bestandskräftig ist. Ob diese Rückwirkung verfassungsgemäß ist, dürfte nicht zweifelsfrei sein. Des Weiteren wird in § 52a Abs. 10 S. 7 EStG geregelt, dass auch Erträge aus Stückzinsen, die vor dem Jahr 2010 zugeflossen sind, in den steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG aufzunehmen sind. Auch diese Rückwirkung dürfte verfassungsrechtlich äußerst problematisch sein.

(8) Private Veräußerungsgeschäfte

Ebenfalls in Durchbrechung der Rechtsprechung des BFH (Urt. v. 22.04.2008 – IX R 29/06) wird in § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG gesetzlich geregelt, dass Gegenstände des täglichen Gebrauchs vom Tatbestand des privaten Veräußerungsgeschäftes ausgenommen sind. Diese Regelung, die sich sowohl auf den Gewinn wie auch auf den Verlust auswirkt, sichert, dass aus privaten Veräußerungsgeschäften von Gegenständen des täglichen Gebrauchs keine steuerlich abzugsfähigen Verluste generiert werden können. Die gesetzliche Änderung tritt für solche Geschäfte ein, die nach dem Tag der Verkündung des Jahressteuergesetzes abgeschlossen werden.

(9) Abgeltungsteuer

Der besondere Steuersatz gemäß § 32d EStG (25% zzgl. Solidaritätszuschlag und ggfl. Kirchensteuer) ist ausgeschlossen, soweit in den Einkünften aus Kapitalvermögen Zinsen aus einer Darlehensgewährung zwischen nahen Angehörigen enthalten sind. Neu geregelt ist nunmehr, dass dieser Ausschluss nur dann greift, wenn die Zinsaufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen. Die Neufassung der gesetzlichen Vorschrift findet sich in § 32d Abs. 2 Nr.1 S.1a EStG.
Des Weiteren soll die sogenannte Günstigerprüfung im Rahmen der Abgeltungsteuer nicht allein auf die festgesetzte Einkommensteuer, sondern auf die gesamte Steuerbelastung einschließlich Zuschlagsteuern (Solidaritätszuschlag) abstellen. Diese Regelung gilt erstmals für den Veranlagungszeitraum 2011 (§ 32d Abs. 6 S. 1 EStG; § 52a Abs. 15 S. 15 EStG).

(10) Steuerabzug für Handwerkerleistungen

Über die Neufassung von § 35a Abs. 3 EStG wird sichergestellt, dass keine Mehrfachbegünstigung in Anspruch genommen werden kann. Soweit geförderte Maßnahmen durch zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse gefördert werden, können sich Handwerkerleistungen nicht zusätzlich mit einem Steuerabzugsbetrag für den Steuerpflichtigen günstig auswirken (§ 35a Abs. 3 EStG). Die Neuregelung gilt für Aufwendungen, die für Leistungen nach dem 31.12.2010 erbracht worden sind.

(11) „Stille-Reserven-Klausel“ beim Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft

Bekanntlich führt der Erwerb von mehr als 25% des gezeichneten Kapitals oder der Stimmrechte an einer Körperschaft innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren zum Untergang der noch nicht abgezogenen oder ausgeglichenen Verluste, dieses in Höhe des prozentualen Anteilserwerbs. Werden mehr als 50% der Anteile übertragen, führt dies zum vollständigen Untergang der Verluste. Dagegen sollte ein abziehbarer nicht genutzter Verlust nicht verloren gehen, soweit dieser trotz Vorliegens eines an sich schädlichen Beteilungserwerbs die stillen Reserven des inländischen Vermögens der Körperschaft nicht übersteigt (§ 8c Abs. 1 S. 6 KStG). Im Jahressteuergesetz 2010 ist nunmehr eine weitere Einschränkung vorgesehen. Diese betrifft den Fall, dass das Eigenkapital der Körperschaft, deren Anteile übertragen werden, negativ ist. Für diesen Fall ist bzgl. des Verlustvortrages, der erhalten werden soll, auf die stillen Reserven abzustellen, die sich als Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert des Betriebsvermögens und dem ausgewiesenen (negativen) steuerlichen Buchkapital ergeben.

(12) Wegfall des „Seeling-Effekts“ beim Vorsteuerabzug von Grundstücken

Hatte ein Unternehmer eine auch privat genutzte Immobilie seinem Unternehmensvermögen zugeordnet, konnte er bislang aus den Baukosten resultierende Vorsteuer in voller Höhe geltend machen. Die auch private Nutzung der Immobilie führte dazu, dass er über einen Zeitraum von 10 Jahren für die Privatnutzung Umsatzsteuer zu zahlen hatte. Voraussetzung für dieses Modell war, dass die unternehmerische Nutzung mindestens 10% betrug. Dieses Modell ist durch die neue gesetzliche Regelung in § 15 Abs. 1b UStG gekippt worden. Soweit die Immobilie neben unternehmerischen auch außerunternehmerischen Zwecken dient, ist die Vorsteuer anteilig nicht mehr abziehbar. Die Neuregelung gilt für Gebäude, die aufgrund eines nach dem 31.12.2010 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags erworben werden oder mit deren Herstellung nachdem 31.12.2010 begonnen wurde.
Der „Selling-Effekt“ ist noch erreichbar, soweit die Anschaffung bzw. der Herstellungsbeginn noch im Jahre 2010 vollzogen wird.

(13) Abgrenzung des Verwaltungsvermögens bei der Erbschaftsteuer

Die Begünstigung für die Übertragung eines Betriebs ist ausgeschlossen, wenn das Betriebsvermögen zu mehr als 50% schädliches Verwaltungsvermögen (Option 1) bzw. 10% (Option 2) umfasst. Verwaltungsvermögen ist dabei nichtbetriebsnotwendiges Vermögen. Umfasst Betriebsvermögen auch Anteile an einer Kapitalgesellschaft, ist auch für diese Kapitalgesellschaft festzustellen, inwieweit nichtbetriebsnotwendiges Verwaltungsvermögen umfasst ist. Die neue Regelung des § 13b Abs. 2 S. 6 ErbStG legt fest, dass die Bestimmung des Anteils des Verwaltungsvermögens am gemeinen Wert des Betriebs einer Kapitalgesellschaft entsprechend der Ermittlung des Wertes bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften vorzunehmen ist. Soweit zum Verwaltungsvermögen nichtbetriebsnotwendiges Vermögen gehört, das im Besteuerungszeitpunkt weniger als 2 Jahre dem Betrieb zuzurechnen war, ist dieses unabhängig von der 50%-/10%-Grenze stets dem nicht begünstigen Vermögen zuzurechnen. Im neuen § 13b Abs. 2 S. 7 ErbStG ist nunmehr geregelt, dass dieses junge Verwaltungsvermögen der Kapitalgesellschaft dazu führt, dass der darauf entfallende Anteil an der Kapitalgesellschaft im Betriebsvermögen des zu übertragenen Unternehmens stets zum Verwaltungsvermögen zählt.


B. Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)

Erstmals sind verpflichtend die Neuregelungen des BilMoG auf handelsrechtliche Jahresabschlüsse sowie Konzernabschlüsse anzuwenden für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 beginnen. Soweit das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, sind die Vorschriften zum 31.12.2010 zu beachten. Nachfolgend geben wir einen Überblick über die wesentlichen Inhalte sowie darüber, inwieweit die steuerliche Gewinnermittlung hierdurch berührt wird.

(1) Umgekehrte Maßgeblichkeit

Bisher ergab sich aus dem Prinzip der umgekehrten Maßgeblichkeit, dass steuerrechtliche Wahlrechte beim Ansatz und der Bewertung von Posten der Bilanz und der Gewinnund Verlustrechnung nur dann mit steuerrechtlicher Wirksamkeit ausgeübt werden konnten, wenn auch in der Handelsbilanz entsprechend verfahren wurde (umgekehrte Maßgeblichkeit). Dieses Prinzip wurde durch die Neufassung des § 5 Abs. 1 EStG aufgegeben. Danach kommen die handelsrechtlichen Vorschriften für den Ansatz und die Bewertung des Betriebsvermögens zwar weiterhin zur Anwendung, es sei denn, es wird ein steuerrechtlich zulässiger anderer Ansatz gewählt. Da die Neufassung von § 5 Abs. 1 EStG mangels gesonderter Anwendungsbestimmungen bereits für sämtliche Wirtschaftsjahre gilt, die im Veranlagungszeitraum 2009 enden, wirkt sich die Aufhebung des Prinzips der umgekehrten Maßgeblichkeit bereits für den Veranlagungszeitraum 2009 aus. Betroffen sind damit sämtliche Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2008 enden (z. B. bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr zum 30.06.2009).

In der Konsequenz ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass das Prinzip der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz grundsätzlich beibehalten wird. Etwas anderes gilt, soweit steuerrechtliche Sonderregelungen zu beachten sind. Die steuerlichen Wahlrechte sind autonom auszuüben. Eine Korrespondenz von Handelsbilanz und Steuerbilanz besteht insoweit nicht mehr. In der Handelsbilanz dürfen sich folglich steuerrechtlich sinnvolle Abschreibungen und Rücklagenbildungen nicht auswirken. Kommt es zu einem Auseinanderfallen von Wertansätzen in der Steuerbilanz und in der Handelsbilanz, sind über diese Wirtschaftsgüter für steuerliche Zwecke gesonderte Verzeichnisse zu führen. In diese Verzeichnisse ist der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen aufzunehmen. Steuerliche Rücklagen stellen insoweit keine Wirtschaftsgüter dar und sind daher nicht in ein Verzeichnis aufzunehmen, wenn die Rücklagen in der Steuerbilanz abgebildet werden. Betroffen von diesen Regelungen sind unter anderem die Rücklagen nach § 6b EStG für die Übertragung von stillen Reserven im Veräußerungsfall, die Bildung des Investitionsabzugsbetrages sowie die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach § 7g EStG und die Abbildung von Zuschüssen zu Investitionen als Rücklagen. Ebenso betroffen hiervon ist bei voraussichtlich dauernder Wertminderung das steuerrechtliche Wahlrecht zur Vornahme einer Teilwertabschreibung, während in der Handelsbilanz insoweit ein Abschreibungsgebot besteht. Einzubeziehen sind insoweit auch steuerrechtliche Wahlrechte, denen handelsrechtliche Wahlrechte gegenüberstehen, wie zum Beispiel die Bewertung nach Verbrauchsfolgefiktionen, der Ansatz von geringwertigen Wirtschaftsgütern sowie die Inanspruchnahme von degressiven Abschreibungen.

(2) Selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens

Soweit mit der Entwicklung selbstgeschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens nach dem 31.12.2009 begonnen wurde, können diese als Aktivposten in die Handelsbilanz aufgenommen werden. Das bisherige Aktivierungsverbot besteht nicht mehr. Ausgenommen hiervon sind jedoch die Aufwendungen für selbstgeschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten und andere vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände. Entscheidend für die Frage, ob ein Wertansatz in der Handelsbilanz gebildet werden darf, ist die Beantwortung der Frage nach der Einzelveräußerbarkeit. In der steuerlichen Gewinnermittlung bleibt es dabei, dass für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Aktivwert nur angesetzt werden darf, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Im Ergebnis können somit in der Handelsbilanz - steuerneutral - stille Reserven gehoben werden. Wird von dem handelsrechtlichen Wahlrecht Gebrauch gemacht, sind hierüber jedoch im Anhang entsprechende Angaben zu machen.

(3) Währungsgewinne

Nach § 256a HGB sind auf fremde Währung lautende Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zum Devisenkassamittelkurs am Abschlussstichtag umzurechnen. Bei einer Laufzeit der auf fremde Währung lautenden Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten von mehr als einem Jahr ist das Anschaffungs- und Herstellungskosten-, das Realisations- und das Imparitätsprinzip zu beachten. Es dürfen insoweit keine unrealisierten Gewinne aus der Währungsumrechnung erfasst werden. Ebenso scheidet eine über die Anschaffungs- und Herstellungskosten hinausgehende Zuschreibung aus. Bei Anwendung der vorstehenden Bewertungsvorschriften auf Forderungen kann es bei Laufzeiten unter einem Jahr bei zum Bilanzstichtag gestiegenen Kursen zum Ausweis nicht realisierter Gewinne kommen. Im umgekehrten Fall, bei sinkenden Kursen kann es ebenso beim Ansatz von Verbindlichkeiten, die auf fremde Währung lauten, zum Ausweis unrealisierter Verluste kommen.

(4) Rückstellungen

Waren bisher Rückstellungen mit dem Betrag anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig war und durften handelsrechtliche Rückstellungen nur abgezinst werden, wenn die ihnen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten einen Zinsanteil enthielten, fordert die Bewertungsvorschrift des § 253 Abs. 1 S. 2 HGB nunmehr, dass Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen sind. In der Konsequenz sind künftige Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen. Zudem ist eine feste Abzinsungsregelung vorgegeben. Die Deutsche Bundesbank ermittelt diese Zinssätze nach Maßgabe der Rückstellungsabzinsungsverordnung und gibt sie bekannt (www.bundesbank.de). In der Handelsbilanz führt die erstmalige Anwendung der Abzinsungsbestimmungen bei länger laufenden Rückstellungen zur Realisierung von Erträgen. Die neuen Bewertungsvorschriften zu den Rückstellungen haben für die Steuerbilanz keine Auswirkung. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. f EStG ist für steuerliche Zwecke geregelt, dass bei der Bewertung die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend sind und künftige Preis- und Kostensteigerungen nicht berücksichtigt werden dürfen. In der steuerlichen Gewinnermittlung kann es somit bei längerfristigen Rückstellungen zu Unterbewertungen kommen. Die handelsrechtliche Abzinsungsregelung wird durch die steuerrechtliche Sonderregelung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. e EStG verdrängt. Denn danach sind Rückstellungen fix mit 5,5 % abzuzinsen.

(5) Pensionsrückstellungen

Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen sind im Grundfall unter Zugrundelegung ihrer Restlaufzeit mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre abzuzinsen. Für die steuerliche Gewinnermittlung bleibt es bei dem starren Zinssatz gemäß § 6a EStG von 6 %. Allein daraus können sich in der Steuerbilanz erheblich niedrigere Ausweise für diese Rückstellungen ergeben.

Das Handelsrecht lässt auch eine zusammenfassende Abzinsung gemäß § 253 Abs. 2 S. 2 HGB zu. Danach können die Rückstellungen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz abgezinst werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. Diese Vereinfachungsregel darf jedoch nur angewendet werden, wenn in der Konsequenz ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt wird. Nach Maßgabe des Grundsatzes zur Bewertungsstetigkeit ist eine solche Bewertung beizubehalten. Künftig dürfte aufgrund des unterschiedlichen Zinsfaktors für Altersversorgungsverpflichtungen in der Handelsbilanz ein höherer Wertansatz zu erwarten sein, wenn bisher in Handelsbilanz und Steuerbilanz vom Wertansatz nach § 6a EStG ausgegangen wurde. Zudem sind bei dem handelsrechtlichen Wertansatz künftige Gehaltssteigerungen sowie eine längere Lebensdauer zu berücksichtigen. Ein sich aufgrund der Neubewertung der Altersversorgungsverpflichtungen ergebender Mehrbetrag ist zumindest zu einem Fünfzehntel (1/15) bis spätestens zum 31.12.2024 dem bisherigen Wertansatz zuzuführen. Es darf allerdings auch der Zuführungsbetrag in einer Summe eingestellt werden.

Die Steuerbilanz bleibt von der Neubewertung der Verpflichtungen für Altersversorgungen unberührt, insoweit ist die Vorschrift des § 6a EStG weiterhin anzuwenden.

(6) Latente Steuern

Latenzen ergeben sich aufgrund von Buchwertunterschieden zwischen Handels- und Steuerbilanz. Aktive Steuerlatenzen können sich ergeben, wenn das steuerliche Buchvermögen höher als das handelsrechtliche Buchvermögen ist und sich dies in Zukunft mit einiger Wahrscheinlichkeit ergebniswirksam ausgleichen wird. In der Konsequenz ist das Steuerbilanzergebnis gegenüber dem handelsrechtlichen Ergebnis zu hoch; hieraus resultiert ein latenter Steuererstattungsanspruch. Aktive Steuerlatenzen kommen beispielsweise deshalb in Betracht, weil in der Steuerbilanz Drohverlustrückstellungen nicht gebildet werden dürfen, in der Handelsbilanz die künftige Preis- und Kostenentwicklung bei der Berechnung von Verbindlichkeitsrückstellungen einbezogen wird, die Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz mit einem höheren Zins abgezinst wird, in der Handelsbilanz Zölle und Verbrauchssteuern als Aufwand berücksichtigt werden, während in der Steuerbilanz ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zwingend zu bilden ist und letztlich aufgrund von steuerlichen Verlustvorträgen in Höhe der innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erwartenden Verlustverrechnungen aktive latente Steuern begründet werden.

Passive Steuerlatenzen entstehen, wenn das steuerrechtliche Betriebsvermögen geringer als das handelsrechtlich ausgewiesene Vermögen ist und in der Zukunft mit einer steuerlichen Mehrbelastung aufgrund der Ertragsteuerwirksamen Angleichung zu rechnen ist. In der Vergangenheit ergaben sich solche passiven Latenzen, wenn zum Beispiel die Kosten für die Ingangsetzung oder Erweiterung als Bilanzierungshilfe aktiviert wurden, was steuerrechtlich unzulässig war. Aufgrund des Auseinanderfallens von Handelsbilanz und Steuerbilanz können sich passive Steuerlatenzen in Zukunft ergeben, wenn in der Steuerbilanz einer steuerlicher Sonderposten (z. B. Rücklage gemäß § 6b EStG) gebildet wird, der handelsrechtlich aufgrund der Aufgabe des Prinzips der umgekehrten Maßgeblichkeit nicht in die Bilanz aufgenommen wird. Ebenso sind passive Steuerlatenzen zu erwarten beim Ansatz von selbstgeschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, beim Ausweis unrealisierter Währungsgewinne in der Handelsbilanz, die in der Steuerbilanz nicht nachvollzogen werden dürfen oder wenn in der Handelsbilanz stille Reserven aufgedeckt werden, zum Beispiel im Zug von Umstrukturierungen, während steuerlich die Buchwerte fortgeschrieben werden müssen.

Vom Anwendungsbereich der Steuerlatenzen sind Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften betroffen. Da es bei den latenten Steuern um die Belastungen des bilanzierenden Unternehmens geht, und nicht um die Belastung der Gesellschafter, kommt ein Ausweis von Steuerlatenzen bei Personengesellschaften nur für latente Gewerbesteuer in Betracht. Bei Kapitalgesellschaften, die eigenständig körperschaftsteuer- und gewerbesteuerpflichtig sind dagegen auch für Steuerlatenzen, die sich auf die Körperschaftsteuer beziehen.

Nach den Regelungen des BilMoG werden kleine Gesellschaften von der Verpflichtung zum Ausweis latenter Steuern ausgenommen (§ 274a Nr. 5 HGB). Kleine Kapitalgesellschaften sind gemäß § 267 Abs. 1 HGB solche, die mindestens zwei der drei maßgeblichen Größenmerkmale nicht überschreiten:

  • Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrages € 4.840.000;
  • Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag € 9.680.000;
  • im Jahresdurchschnitt 50 Arbeitnehmer.

C. Gesetzentwurf zur besseren Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung

Am Mittwoch, den 8. Dezember 2010 hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf, der insbesondere Einschränkungen bei der strafbefreienden Selbstanzeige vorsieht, beschlossen. Vor dem Hintergrund, dass es in jüngster Zeit eine Flut von Selbstanzeigen bei den Steuerbehörden gab, die insbesondere auf dem Ermittlungsdruck beruhten, der durch den Ankauf von Steuerdaten aus dem Ausland entstand, soll mit der Neuregelung ein Missbrauch der strafbefreienden Selbstanzeige ausgeschlossen werden. Da oft nicht alle Tatbestände der Steuerhinterziehung vollständig angezeigt würden, vielmehr nur das offengelegt würde, was die Medien bekannt gemacht haben, beschränkte sich nach den Erkenntnissen der Bundesregierung die Anzeige ausschließlich auf das Herkunftsland der Datenträger und die dort genannten Geldinstitute. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Straffreiheit infolge einer Selbstanzeige nur noch dann zu gewähren ist, wenn der Steuerpflichtige alle Besteuerungsgrundlagen und Sachverhalte vollständig und zutreffend nacherklärt. Eine Selbstanzeige ist künftig nur noch bis zur Bekanntgabe der Prüfungsanordnung durch die Finanzbehörde möglich, nicht mehr bis zum Erscheinen des Steuerprüfers. Für bereits abgegebene Teilselbstanzeigen gilt, dass diese nur noch in dem erklärten Umfang zur Straffreiheit führen. Stellt die Finanzbehörde darüber hinaus Steuerhinterziehungstatbestände fest, sind diese strafbar. Der Gesetzentwurf erweitert außerdem die Straftatbestände für Geldwäsche. Gewerbs- und bandenmäßig betriebene Marktmanipulationen, Insiderhandel und Produktpiraterie sollen künftig strafrechtlich zu Vortaten der Geldwäsche zählen.

Der Gesetzentwurf soll noch im Monat Dezember im Bundestag beraten werden. Zielvorstellung ist es, die Neuregelungen im Monat April 2011 in Kraft zu setzen.

D. Elektronische Bilanz (§ 5e EStG)

Das Finanzministerium hat auf Grundlage der Ermächtigungsnorm des § 51 Abs. 4 Nr. 1c EStG eine Verordnung zur Festlegung eines späteren Anwendungszeitpunktes der Verpflichtung zur Einreichung der Bilanz in elektronischer Form vorgelegt. Danach soll der zeitliche Anwendungsbereich der elektronischen Übermittlung von Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen auf Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2011 beginnen, verschoben werden (§ 52 Abs. 15a EStG sah dagegen insoweit eine erstmalige Anwendung für nach dem 31.12.2010 beginnende Wirtschaftsjahre vor). Der vorstehenden Verordnung soll der Bundesrat am 17. Dezember 2010 zustimmen.

E. Steuervereinfachungsgesetz

Derzeit wird von den Referenten im Finanzministerium ein Katalog erarbeitet, der u.a. Vereinfachungen im Veranlagungs- und Deklarationsverfahren vorsieht. Der Referentenentwurf soll im Januar 2011 kabinettsreif vorliegen. Die Umsetzung der Vereinfachungsregelungen sollen zum 01.01.2012 erfolgen. Elektronische Rechnungen sollen bereits ab dem 01.07.2011 anerkannt werden.


IV. Aus der Rechtsprechung

(1) Einkommensteuer; Ansparabschreibung zur Kompensation eines Betriebsprüfungsmehrergebnisses

Nach dem Urteil des BFH vom 17.06.2010 - III R 43/06 kann eine Rücklage für die künftige Anschaffung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens (Ansparabschreibung) auch nachträglich im Wege der Bilanzänderung für Zwecke der Kompensation eines Mehrergebnisses aufgrund einer Betriebsprüfung gebildet werden. Jedoch setzt diese Rücklagenbildung voraus, dass ein Finanzierungszusammenhang zwischen Investition und Rücklagebildung besteht. Dieser Zusammenhang ist dann gegeben, wenn die nach altem Recht in der Bilanz auszuweisende Rücklage zu einem Zeitpunkt gebildet wird, zu dem noch innerhalb der zweijährigen Ansparzeit die Investition hätte durchgeführt werden können. Im Urteilsfall scheiterte der Steuerpflichtige an dieser Voraussetzung. Die Grundsätze des Urteils sind auch für den ab 2007 geltenden Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g EStG n. F. von Bedeutung. Wenngleich der Investitionsabzugsbetrag nicht mehr von dem Erfordernis der Zulässigkeit der Durchführung einer Bilanzänderung abhängt, da der Abzugsbetrag außerhalb der Bilanz vorgenommen wird, ist der vorgestellte Finanzierungszusammenhang aber nach wie vor möglich. An diesem Finanzierungszusammenhang würde es fehlen, wenn der Abzugsbetrag er nach Ablauf des nunmehr dreijährigen Investitionszeitraums erst geltend gemacht wird.

(2) Einkommensteuer; Abziehbarer Aufwand auch bei abgekürztem Vertragsweg

Nach dem BFH-Urteil vom 28.09.2010 - IX R 42/09 können Erhaltungsaufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch dann vorliegen, wenn der zugrundeliegende Werkvertrag von einem Dritten, z. B. einer GmbH im eigenen Namen, aber im Interesse des Steuerpflichtigen geschlossen wurde und der Dritte, die GmbH, dem Steuerpflichtigen den Betrag im Anschluss zuwendet. Diese Zuwendung kann auch in einer verdeckten Gewinnausschüttung zugunsten des Steuerpflichtigen liegen. Im Ergebnis verhält es sich so, dass durch eine GmbH in Auftrag gegebene Instandsetzungsmaßnahmen für ein Gebäude des Steuerpflichtigen als dem Steuerpflichtigen zugewendet gelten und zugleich eine verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an ihn darstellen. Der BFH wendet mit diesem Urteil seine bisherige Rechtsprechung zum „abgekürzten Vertragsweg" auch auf die Zuwendung von Erhaltungsaufwendungen im Wege der verdeckten Gewinnausschüttung an. Der Steuerpflichtige hat den Zufluss dieser Zuwendung als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern, gegebenenfalls nach dem Teileinkünfteverfahren lediglich zu 60 %, kann aber andererseits in voller Höhe die Werbungskosten geltend machen.

(3) Umsatzsteuer; Reverse-Charge-Verfahren im Bausektor

Nach dem Gerichtsbescheid des Finanzgerichts Münster vom 01.09.2010 - 5 K 3000/08 U genügt selbst die gelegentliche Erbringung von Bauleistungen dafür, um einem Unternehmer die Pflicht aufzuerlegen, anstelle des tatsächlich leistenden Bauunternehmers die Umsatzsteuer für empfangene Bauleistungen an das Finanzamt abzuführen. Während die Finanzverwaltung auf Grundlage der Umsatzsteuerrichtlinien dies erst dann fordern kann, wenn eine nachhaltig erbrachte, eigene Bauleistungstätigkeit des Leistungsempfängers vorliegt, reicht für das Finanzgericht Münster bereits die nur gelegentliche Erbringung von Bauleistungen durch den Empfänger der hier in Rede stehenden Bauleistung aus.

(4) Bilanzsteuerrecht; Rückstellungen für die Kosten einer Betriebsprüfung bei Großbetrieben

Erneut hat sich ein Finanzgericht gegen die Verwaltungsgrundsätze der Finanzverwaltung gestellt. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass bei Großbetrieben die Bildung einer Rückstellung für die Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung auch ohne Vorliegen einer Prüfungsanordnung zulässig ist (Urteil vom 14.10.2010 - 3 K 2555/09). Die Bildung einer Rückstellung für die Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung bezüglich der auf die für den Prüfer anfallenden Sachkosten sowie die Personal- und Sachkosten für die Ansprechpartner des Prüfers während der Prüfung ist zulässig. Die Verpflichtung des Steuerpflichtigen, an der Prüfung mitzuwirken, hat ihren wirtschaftlichen Bezugspunkt in der gewerblichen Tätigkeit und unterscheidet sich nicht von den Kosten für die Erstellung des Jahresabschlusses. Fraglich ist, zu welchem Zeitpunkt der Aufwand hinreichend konkretisiert ist und die Bildung der Rückstellung zu erfolgen hat. Nach den amtlichen Einkommensteuerhinweisen (H 5.7 Abs. 4 EStR 2009) setzt die Finanzverwaltung voraus, dass eine Prüfungsanordnung vorliegt. Das Finanzgericht ist anderer Auffassung. Nach dem Finanzgerichtsurteil müssen Entstehen der Verbindlichkeit und Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen überwiegend wahrscheinlich sein. Bei Großbetrieben liegt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit vor, da nach der Betriebsprüfungsordnung die Anschlussprüfung der vorgesehene Regelfall ist und das „Auslassen" einzelner Jahre die Ausnahme darstellt. In den Monatsberichten des Bundesfinanzministeriums für die Jahre 2007 bis 2009 seien die Wahrscheinlichkeiten einer Anschlussprüfung mit 78,5 % und 81,7 % angegeben. Somit sei es hinreichend wahrscheinlich, dass eine Anschlussprüfung stattfinden wird. Diese hinreichende Wahrscheinlichkeit ersetzt im Ergebnis des Finanzgerichts die Notwendigkeit des Vorliegens einer konkreten Prüfungsanordnung. Da die Kosten für die Betreuung der Betriebsprüfung durch den Steuerpflichtigen oder durch dessen steuerlichen Berater gerade bei Großbetrieben durchaus erhebliche Größen erreichen können, sollten Großbetriebe auf jeden Fall für die zu erwartenden Kosten im Zusammenhang mit einer steuerlichen Außenprüfung Rückstellungen bilden. Möglicherweise könnten die Grundsätze der Finanzgerichtsrechtsprechung auch bei kleineren Unternehmen angewendet werden. Stehen nämlich die Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO gibt die Finanzverwaltung zu erkennen, dass sie den Fall noch nicht abschließend bearbeitet hat. Sie gibt darüber hinaus zu erkennen, dass sie den Fall noch einmal überprüfen will. Hieraus kann der Schluss gezogen werden, dass eine künftige Betriebsprüfung überwiegend wahrscheinlich ist. Liegen folglich zum Zeitpunkt der Bildung einer Rückstellung Steuerbescheide für Vorjahre mit diesem Vorbehaltsvermerk vor, dürfte die Rückstellungsbildung vertret-bar sein. Auf dieser Basis könnten auch für andere öffentlich-rechtliche Prüfungen Prüfungskostenrückstellungen gebildet werden. Zu denken ist an die Prüfung durch die Rentenversicherungsträger, die zwischenzeitlich lückenlos alle vier Jahre die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber überprüfen. In diesem Zusammenhang werden auch die Beiträge für die Künstlersozialversicherung überprüft. Damit dürfte die von der Rechtsprechung geforderte überwiegende Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme für Prüfungskosten vorliegen.

(5) Wirtschaftsstrafrecht; kein Beweisverwertungsverbot für illegal erworbene Steuersünder-Daten

Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 09.11.2010 - 2 BVR 2101/09 sind von den deutschen Behörden angekaufte Daten-CDs mit belastenden Informationen über mutmaßliche Steuerhinterzieher im Strafverfahren verwertbar. Es sei von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass ein Strafgericht den für eine Durchsuchung erforderlichen Anfangstatverdacht auch auf die Erkenntnisse solcher Daten stützt. Es komme nicht darauf an, ob der Ankauf der Daten von Informationen im In- oder Ausland ursprünglich rechtmäßig war. Bei rechtsfehlerhafter Beweiserhebung mache die sog. Fernwirkung eine Verwertung der gewonnenen Beweise nicht stets für das gesamte Strafverfahren unzulässig. Ein Beweisverwertungsverbot bestehe selbst dann nicht, wenn bei der Datenbeschaffung nach innerstaatlichem Recht rechtswidrig oder sogar strafbar gehandelt worden ist. Auch sei die Umgehung völkerrechtlicher Übereinkommen unschädlich, weil sich aus der Verletzung eines völkerrechtlichen Vertrages, der keine persönlichen Rechte gewährt, kein Verwertungsverbot ergebe.

(13.12.2010, Redaktion: Neulken & Partner)

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