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29. November 2020

Rundschreiben XI/2020

In regelmäßiger Abfolge möchten wir Sie über Gesetzgebungsverfahren im Steuerrecht und ausgewählte Entscheidungen speziell der Finanzgerichte sowie über Anweisungen der Finanzverwaltung informieren.

Die Informationen sind sorgfältig aus verlässlichen Quellen herausgesucht und bearbeitet. Gleichwohl kann weder eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit noch irgendeine Haftung übernommen werden. Die Nutzung der angebotenen Informationen erfolgt auf eigenes Risiko.

Hinweise und Tipps haben lediglich allgemeinen Charakter und sind in jeder Hinsicht unverbindlich. Sie können eine konkrete Einzelfallberatung nicht ersetzen. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne an.

I. Wichtige Steuer- und Sozialversicherungstermine

1. Dezember 2020

10.12.2020:

  • Einkommensteuer
  • Körperschaftsteuer
  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer

22.12.2020:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 10.12.2020 fälligen Steuern endet am14.12.2020

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat Dezember 2020 ist der 28.12.2020.

2. Januar 2021

11.01.2021:

  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer

25.01.2021:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 11.01.2021 fälligen Steuern endet am 14.01.2021.

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat Januar 2021 ist der 27.01.2021.


II. Aus der Gesetzgebung

1. Jahressteuergesetz 2020: Bundesrat schlägt weitere Gesetzänderungen und Modifikationen der vorgesehenen Änderungen vor

In seiner Stellungnahme zum Jahressteuergesetz (JStG) 2020 (BT-Drucksache 19/23551 vom 21.10.2020) hat der Bundesrat zusätzliche Steuergesetzänderungen sowie Modifikationen der im Regierungsentwurf enthaltenen Änderungen vorgeschlagen. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme dazu einige Vorschläge des Bundesrates abgelehnt, einigen zugestimmt und zu den meisten zugesagt, diese weiter zu prüfen. Besonders erwähnenswert erscheinen nachfolgende Vorschläge sowie die hierauf erfolgte Reaktion der Bundesregierung.

Einmal mehr schlägt der Bundesrat vor, die GWG-Grenze in § 6 Abs. 2 EStG auf € 1.000 zu erhöhen und die Poolabschreibung nach § 6 Abs. 2a EStG abzuschaffen. Die Bundesregierung wird diesen Vorschlag prüfen.

Die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags nach § 7g EStG sowie die Sonderabschreibung nach dieser Vorschrift sollen auf immaterielle Wirtschaftsgüter ausgedehnt werden. Die Bundesregierung hat die Prüfung des Vorschlags zugesagt.

Die unlängst eingeführte Regelung für nachträgliche Anschaffungskosten in § 17 Abs. 2a EStG soll für die Zeit ab 2021 wieder beseitigt werden. Diesen Vorschlag will die Bundesregierung ebenfalls prüfen.

Die Freibeträge nach § 3 Nr. 26 und § 3 Nr. 26a EStG sollen von € 2.400 auf € 3.000 bzw. € 720 auf € 840 erhöht werden. Diesem Vorschlag stimmt die Bundesregierung zu.

Bei der im JStG 2020 vorgesehenen Herabsetzung der Relevanzschwelle für verbilligte Mieten nach § 21 Abs. 2 EStG von 66 % auf 50 % soll der im Regierungsentwurf enthaltene Korridor für eine Totalüberschussprüfung bei Mietpreisvorteilen zwischen 50 % und 66 % entfallen. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme den Vorschlag abgelehnt.

2. Siebtes Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in Kraft getreten

Die Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 22.10.2020, BGBl. 2020 I, 2184, ist in Kraft getreten. Damit wird die CO2-Komponente für neue zugelassene Fahrzeuge stärker gewichtet. Die Steuer für Fahrzeuge mit hohen CO2-Werten erhöht sich, die Steuer für Fahrzeuge mit niedrigen Werten wird herabgesetzt. Die zehnjährige Steuerbefreiung für erstzugelassene reine Elektrofahrzeuge, die zum Jahresende 2020 ausgelaufen wäre, wird bis 2025 verlängert. Reine Elektrofahrzeuge, die in den kommenden fünf Jahren erstmalig zugelassen werden, sind bis Ende 2030 steuerfrei. Den mittelständischen Handwerksbetrieben kommt der Gesetzgeber damit entgegen, dass eine bisherige belastende Sonderregelung für bestimmte leichte Nutzufahrzeuge bis 3,5 t abgeschafft wird.

3. Rückwirkende Umwandlung im Zeitraum von 12 Monaten auch in 2021 möglich

Die auch auf das Umwandlungssteuergesetz durchschlagende verlängerte Frist für im Jahr 2020 angemeldete rückwirkende Umwandlungen von acht auf zwölf Monate wurde mit dem Gesetz über Maßnhamen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das Jahr 2021 ausgedehnt. Die entsprechende Regelung findet sich in § 27 Abs. 15 UmwStG zu § 9 Satz 3 bzw. zu § 20 UmwStG gem. Corona-Steuerhilfegesetz vom 19.06.2020, BGBl. 2020 I, 1385. Durch eine Rechtsverordnung (GesRGenR-COVMVV vom 20.10.2020, BGBL. 2020 I, 2258) ist die Regelung auf Umwandlungen bzw. Einbringungen ausgedehnt worden, die im Jahr 2021 beschlossen bzw. angemeldet werden.

4. Baukindergeld soll verlängert werden

Nach der Pressemitteilung vom 23.09.2020 des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat soll der Förderzeitraum für Baukindergeld, der planmäßig zum 31.12.2020 ausläuft, bis zum 31.03.2021 verlängert werden.

Hintergrund der beabsichtigten Verlängerung ist, dass Familien mit Kindern, die Baukindergeld beantragen, bestimmte Fristen einhalten müssen, um Anspruch auf die Förderung zu erhalten. Aufgrund der Corona-Pandemie können diese viele Antragsteller nicht einhalten und zum Beispiel ihre Baugenehmigung bzw. die Unterzeichnung des Kaufvertrages wie vorgesehen nicht bis zum Jahresende 2020 erhalten. Die Antragsfrist für die Förderung endet unverändert am 31. Dezember 2023.

5. Kurzarbeitergeld: Verlängerung der Bezugsdauer

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat auf der Grundlage des § 109 Abs. 1 SGB III (Arbeitsförderung) verordnet, dass die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld (Kug) für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, deren Anspruch auf Kug bis zum 31.12.2020 entstanden ist, über die gesetzlich vorgesehene Bezugsdauer hinaus auf bis zu 24 Monate, längstens bis zum 31.12.2021, verlängert wird. Die dies regelnde Zweite Kurzarbeitergeldbezugsdauerverordnung (2. KugBeV) tritt am 01.01.2021 in Kraft und am 31.12.2021 außer Kraft.

6. Corona-Überbrückungshilfe: 2. Phase hat begonnen

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die infolge der COVID-19-Pandemie ihren Geschäftsbetrieb einstellen oder stark einschränken mussten, können weitreichende Zuschüsse als Überbrückungshilfe erhalten. Diese Förderung wird sowohl für die Monate September bis Dezember 2020 verlängert als auch ausgeweitet.

Die Überbrückungshilfe kann nur von Freiberuflern und Soloselbständigen „im Haupterwerb“ beansprucht werden. Dabei wird auf das Jahr 2019 Bezug genommen, alternativ kann der Monat Februar 2020 als Bezugspunkt dienen. Daneben ist die Überbrückungshilfe auf KMU beschränkt. Es sind auch solche Unternehmen mit Beschäftigten antragsberechtigt, wenn sie im Nebenerwerb geführt werden.

Die Antragsberechtigung für die Überbrückungshilfe setzt voraus, dass ein Umsatzeinbruch von mindestens 50 % in zwei zusammenhängenden Monaten im Zeitraum April bis August 2020 gegenüber den jeweiligen Vorjahresmonaten oder ein Umsatzeinbruch von mindestens 30 % im Durchschnitt in den Monaten April bis August 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum eingetreten ist.

Die noch bei der Überbrückungshilfe I für Kleinunternehmer bis zehn Beschäftigte maßgebliche Deckelung des Förderbetrags auf € 9.000 oder € 15.000 entfällt. Die maximale Förderung von bis zu € 50.000/Monat ist unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten möglich. Die Antragsberechtigung setzt jedoch voraus, dass zum Stichtag 29.02.2020 mindestens ein Beschäftigter im Unternehmen tätig war.

Die Fixkosten werden zu 90 % bei einem Umsatzeinbruch von mehr als 70 % (bisher: 80 % der Fixkosten), 60 % der Fixkosten bei eine Umsatzeinbruch zwischen 50 % und 70 % (bisher: 50 % der Fixkosten) und 40 % der Fixkosten bei eine Umsatzeinbruch von mehr als 30 % (bisher: bei mehr als 40 % Umsatzeinbruch) erstattet.

Die Personalaufwendungen werden pauschal mit 20 % der förderfähigen Fixkosten erstattet. Es werden die Kosten für Hygienemaßnahmen einschließlich investiver Maßnahmen sowie Kosten für Gas und Kälte einbezogen. Für die Reisebranche wurden umfangreiche Neuregelungen eingeführt.

Wie bisher ist das Verfahren zur Beantragung vollständig digitalisiert. Anträge können seit dem 21.10.2020 über einen registrierten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt gestellt werden. Die Antragsbearbeitung, Bewilligung und Auszahlung der Fördermittel erfolgt ab dem Monat November 2020.

Nach einer Pressemitteilung der EUKommission vom 20.11.2020 ist die „Bundesregelung Fixkosten“ genehmigt worden. Durch die Genehmigung ist offiziell die beihilferechtliche Grundlage für die Überbrückungshilfe II geschaffen worden. Die Bundesregelung stellt auch den beihilferechtlichen Rahmen für die Überbrückungshilfe III sowie die zweite Stufe der Novemberhilfe (Novemberhilfe Plus). Die Erweiterung des Beihilferahmens bezieht sich auf den Zeitraum vom 01.03.2020 bis 30.06.2021.


III. Aus der Rechtsprechung und der Steuerverwaltung

1. Einkommensteuer; Fahrbahnreinigung und Werkstattarbeiten eines Handwerkers: keine Begünstigung als haushaltsnahe Dienstleistung/Handwerkerleistung

Der BFH hat mit Urteil vom 13.05.2020 – VI R 4/18 entschieden, dass die Aufwendungen für die Reinigung der Fahrbahn einer öffentlichen Straße nicht wie die Reinigung des öffentlichen Gehwegs vor dem Haus als haushaltsnahe Dienstleistung gem. § 35a Abs. 2 EStG begünstigt ist. Soweit ein Handwerker Arbeiten in seiner Werkstatt erbringt, stellen die darauf entfallenden Lohnkosten keine als haushaltsnahe Handwerkerleistungen begünstigten Aufwendungen im Sinne von § 35a Abs. 3 EStG dar.

2. Einkommensteuer; stille Reserven von gewillkürtem Betriebsvermögen unterliegen bei Aufgabe/Veräußerung der vollen Besteuerung

Der BFH entschied in seinen Urteilen vom 16.06.2020 – VIII R 9/18 und VIII R 15/17, dass bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung bzw. der Aufgabe eines zuvor gemischt genutzten Wirtschaftsguts der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Veräußerungs- bzw. Aufgabeerlös und Buchwert den Gewinn im Sinne der §§ 4, 5 erhöht. Eine Beschränkung der stillen Reserven auf den beruflichen Nutzungsanteil finde nicht statt.

3. Einkommensteuer; Verpflegungsmehraufwandspauschalen sind auch dann zu kürzen, wenn die zur Verfügung gestellten Mahlzeiten nicht eingenommen werden

Der BFH entschied mit Urteil vom 07.07.2020 – VI 16/18, dass die Verpflegungspauschalen auch dann zu kürzen sind, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mahlzeiten zur Verfügung stellt, die dieser nicht einnimmt.

4. Lohnsteuer; Aufwendungen der Erstausbildung eines Verkehrsflugzeugführers führen nicht zu Werbungskosten

Nach dem Beschluss des BFH vom 07.07.2020 – VI R 18/20 waren die Ausbildungskosten zum Verkehrsflugzeugführer nicht als Werbungskosten abzugsfähig, da die Ausbildung nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 9 Abs. 6 EStG stattfand.

5. Lohnsteuer; Zahlung von Verwarngeldern durch den Arbeitgeber

Nach dem Urteil des BFH vom 13.08.2020 – VI R 1/17 leistet der Arbeitgeber (Paketzustelldienst) als Halter eines Kfz die Zahlung von Verwarnungsgeldern wegen einer ihm gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 OWiG erteilten Verwarnung auf eine eigene Schuld. Die Zahlung stellt somit keinen Arbeitslohn bei den Auslieferungsfahrern dar, die die Parkplatzverstöße wissentlich zur Sicherstellung eines reibungslosen Betriebsablaufs im Rahmen ihrer Auslieferungsdienste in Kauf nahmen.

Der BFH verwies die Sache jedoch zur weiteren Klärung an das Finanzgericht zurück. Dieses habe zu klären, ob der Arbeitgeber einen Schadensersatzanspruch gegen die Arbeitnehmer habe, die das Verwarngeld wegen Falschparkens veranlasst hatten. Sollte das Finanzgericht feststellen, dass der Arbeitgeber wegen der Parkverstöße einen realisierbaren Schadenersatzanspruch gegen den jeweiligen Fahrer zustand, würde es weiter zu prüfen haben, ob wegen des Erlasses dieser Forderungen von einem geldwerten Vorteil beim Arbeitnehmer auszugehen sei, der lohnsteuerpflichtig sei.

6. Gewerbesteuer; finale Verluste aus einer Betriebsstätte in einem „DBAFreistellungsstaat“ abzugsfähig?

Der BFH hat aufgrund bei ihm aufgetretener Zweifel, ob seine Rechtsprechung, wonach sogenannte finale Verluste aus ausländischen Freistellungsbetriebsstätten nicht bei der deutschen Besteuerung des Mutterhauses berücksichtigt werden können, Bestand haben kann, angesichts der Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH.

Mit Beschluss vom 06.11.2019 – I R 32/18 hat der BFH den EuGH um Vorabentscheidung ersucht. Dieser möge entscheiden, ob Verluste berücksichtigt werden müssen, ob dies auch für die Gewerbesteuer gilt, unter welchen Voraussetzungen Auslandsverluste final sind und ob die Verluste nach in- oder ausländischem Recht zu ermitteln sind.

7. Umsatzsteuer; Umkehr der Steuerschuldnerschaft („reverse-charge“) bei Bauleistungen im Falle einer umsatzsteuerlichen Organschaft

Nach dem BFH-Urteil vom 23.07.2020 – V R 32/19 bezieht bei einer wirksamen umsatzsteuerlichen Organschaft ausschließlich der Organträger Eingangsleistungen, womit es für die Frage der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen allein auf die Außenumsätze des Organkreises und nicht auf etwaige Innenumsätze ankommt.

8. Erbschaftsteuer; Begünstigung im Falle der Übertragung von Personengesellschaftsanteilen erfordert zeitgleiche Übertragung auch von Sonderbetriebsvermögen

Der BFH hat mit Urteil vom 17.06.2020 – II R 38/17 entschieden, dass die Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG bei der Übertragung von Sonderbetriebsvermögen nur gewährt werden kann, wenn die Übertragung gleichzeitig mit der Übertragung des Anteils an der Personengesellschaft erfolgt.

9. Grunderwerbsteuer; nachträgliche Änderung des Kaufpreises kein rückwirkendes Ereignis

Der BFH hat mit Urteil vom 22.07.2020 – II R 15/18 entschieden, dass die Herabsetzung der Gegenleistung im Sinne des § 16 Abs. 3 GrEStG keine Änderung der festgesetzten Grunderwerbsteuer als rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ermögliche.

Die steuerrechtliche Wirkung für die Vergangenheit sei für das jeweilige materielle Steuergesetz autonom zu beurteilen. Entscheidend für die grunderwerbsteuerliche Beurteilung einer Kaufpreisminderung, ob sie ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 AO sei und auch im Grunderwerbsteuerrecht Anwendung finde, sei, dass bejahendenfalls die Vorschrift des § 16 Abs. 4 GrEStG leer liefe. Danach endet bei Eintritt eines Ereignisses nach § 16 Abs. 3 GrEStG (nachträgliche Kaufpreisminderung) die Festsetzungsfrist für die Grunderwerbsteuer nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt dieses Ereignisses. Würde dagegen ein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 AO anzunehmen sein, dann würde die vierjährige Festsetzungsverjährung nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO erneut beginnen. Dann bedürfte es nicht der Regelung des § 16 Abs. 4 GrEStG. Eine Auslegung, mit der eine gesetzliche Vorschrift jeglichen Anwendungsbereich verlöre, widerspräche der gesetzlichen Systematik und sei vom Gesetzgeber nicht gewollt.

Aus diesem Grund sei die notariell beurkundete nachträgliche Kaufpreisherabsetzung kein rückwirkendes Ereignis.


IV. Aus anderen Rechtsgebieten

1. Haftung für Steuerschulden; Verhältnis des Haftungsumfangs bei Ehegatten

Nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts Brandburg vom 30.01.2020 – 15 UF 176/18 haften Eheleute für Steuerschulden – soweit keine andere Regelung greift – nicht nach der gesetzlichen Grundregel gem. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zu gleichen Teilen, sondern nach dem Verhältnis der Steuerbeträge, die bei der Einzelveranlagung angefallen wären.

2. Arbeitsrecht; fristlose Kündigung bei angedrohter Krankschreibung

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 21.07.2020 – 8 Sa 430/19 die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung festgestellt. Im Urteilsfall hatte der Arbeitgeber eine Weisung getroffen, der der Arbeitnehmer mit der Drohung entgegentrat, sich krankschreiben zu lassen. Das Gericht sieht es dabei im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung als unerheblich an, ob der Arbeitnehmer später tatsächlich erkrankt oder ob die Weisung rechtswidrig war, denn die kündigungsrelevante Nebenpflichtverletzung besteht in der Art und Weise des Vorgehens des Arbeitnehmers.

(29.11.2020, Redaktion: Neulken & Partner)

29. November 2020

Rundschreiben XI/2020

In regelmäßiger Abfolge möchten wir Sie über Gesetzgebungsverfahren im Steuerrecht und ausgewählte Entscheidungen speziell der Finanzgerichte sowie über Anweisungen der Finanzverwaltung informieren.

Die Informationen sind sorgfältig aus verlässlichen Quellen herausgesucht und bearbeitet. Gleichwohl kann weder eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit noch irgendeine Haftung übernommen werden. Die Nutzung der angebotenen Informationen erfolgt auf eigenes Risiko.

Hinweise und Tipps haben lediglich allgemeinen Charakter und sind in jeder Hinsicht unverbindlich. Sie können eine konkrete Einzelfallberatung nicht ersetzen. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne an.

I. Wichtige Steuer- und Sozialversicherungstermine

1. Dezember 2020

10.12.2020:

  • Einkommensteuer
  • Körperschaftsteuer
  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer

22.12.2020:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 10.12.2020 fälligen Steuern endet am14.12.2020

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat Dezember 2020 ist der 28.12.2020.

2. Januar 2021

11.01.2021:

  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer

25.01.2021:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 11.01.2021 fälligen Steuern endet am 14.01.2021.

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat Januar 2021 ist der 27.01.2021.


II. Aus der Gesetzgebung

1. Jahressteuergesetz 2020: Bundesrat schlägt weitere Gesetzänderungen und Modifikationen der vorgesehenen Änderungen vor

In seiner Stellungnahme zum Jahressteuergesetz (JStG) 2020 (BT-Drucksache 19/23551 vom 21.10.2020) hat der Bundesrat zusätzliche Steuergesetzänderungen sowie Modifikationen der im Regierungsentwurf enthaltenen Änderungen vorgeschlagen. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme dazu einige Vorschläge des Bundesrates abgelehnt, einigen zugestimmt und zu den meisten zugesagt, diese weiter zu prüfen. Besonders erwähnenswert erscheinen nachfolgende Vorschläge sowie die hierauf erfolgte Reaktion der Bundesregierung.

Einmal mehr schlägt der Bundesrat vor, die GWG-Grenze in § 6 Abs. 2 EStG auf € 1.000 zu erhöhen und die Poolabschreibung nach § 6 Abs. 2a EStG abzuschaffen. Die Bundesregierung wird diesen Vorschlag prüfen.

Die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags nach § 7g EStG sowie die Sonderabschreibung nach dieser Vorschrift sollen auf immaterielle Wirtschaftsgüter ausgedehnt werden. Die Bundesregierung hat die Prüfung des Vorschlags zugesagt.

Die unlängst eingeführte Regelung für nachträgliche Anschaffungskosten in § 17 Abs. 2a EStG soll für die Zeit ab 2021 wieder beseitigt werden. Diesen Vorschlag will die Bundesregierung ebenfalls prüfen.

Die Freibeträge nach § 3 Nr. 26 und § 3 Nr. 26a EStG sollen von € 2.400 auf € 3.000 bzw. € 720 auf € 840 erhöht werden. Diesem Vorschlag stimmt die Bundesregierung zu.

Bei der im JStG 2020 vorgesehenen Herabsetzung der Relevanzschwelle für verbilligte Mieten nach § 21 Abs. 2 EStG von 66 % auf 50 % soll der im Regierungsentwurf enthaltene Korridor für eine Totalüberschussprüfung bei Mietpreisvorteilen zwischen 50 % und 66 % entfallen. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme den Vorschlag abgelehnt.

2. Siebtes Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in Kraft getreten

Die Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 22.10.2020, BGBl. 2020 I, 2184, ist in Kraft getreten. Damit wird die CO2-Komponente für neue zugelassene Fahrzeuge stärker gewichtet. Die Steuer für Fahrzeuge mit hohen CO2-Werten erhöht sich, die Steuer für Fahrzeuge mit niedrigen Werten wird herabgesetzt. Die zehnjährige Steuerbefreiung für erstzugelassene reine Elektrofahrzeuge, die zum Jahresende 2020 ausgelaufen wäre, wird bis 2025 verlängert. Reine Elektrofahrzeuge, die in den kommenden fünf Jahren erstmalig zugelassen werden, sind bis Ende 2030 steuerfrei. Den mittelständischen Handwerksbetrieben kommt der Gesetzgeber damit entgegen, dass eine bisherige belastende Sonderregelung für bestimmte leichte Nutzufahrzeuge bis 3,5 t abgeschafft wird.

3. Rückwirkende Umwandlung im Zeitraum von 12 Monaten auch in 2021 möglich

Die auch auf das Umwandlungssteuergesetz durchschlagende verlängerte Frist für im Jahr 2020 angemeldete rückwirkende Umwandlungen von acht auf zwölf Monate wurde mit dem Gesetz über Maßnhamen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das Jahr 2021 ausgedehnt. Die entsprechende Regelung findet sich in § 27 Abs. 15 UmwStG zu § 9 Satz 3 bzw. zu § 20 UmwStG gem. Corona-Steuerhilfegesetz vom 19.06.2020, BGBl. 2020 I, 1385. Durch eine Rechtsverordnung (GesRGenR-COVMVV vom 20.10.2020, BGBL. 2020 I, 2258) ist die Regelung auf Umwandlungen bzw. Einbringungen ausgedehnt worden, die im Jahr 2021 beschlossen bzw. angemeldet werden.

4. Baukindergeld soll verlängert werden

Nach der Pressemitteilung vom 23.09.2020 des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat soll der Förderzeitraum für Baukindergeld, der planmäßig zum 31.12.2020 ausläuft, bis zum 31.03.2021 verlängert werden.

Hintergrund der beabsichtigten Verlängerung ist, dass Familien mit Kindern, die Baukindergeld beantragen, bestimmte Fristen einhalten müssen, um Anspruch auf die Förderung zu erhalten. Aufgrund der Corona-Pandemie können diese viele Antragsteller nicht einhalten und zum Beispiel ihre Baugenehmigung bzw. die Unterzeichnung des Kaufvertrages wie vorgesehen nicht bis zum Jahresende 2020 erhalten. Die Antragsfrist für die Förderung endet unverändert am 31. Dezember 2023.

5. Kurzarbeitergeld: Verlängerung der Bezugsdauer

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat auf der Grundlage des § 109 Abs. 1 SGB III (Arbeitsförderung) verordnet, dass die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld (Kug) für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, deren Anspruch auf Kug bis zum 31.12.2020 entstanden ist, über die gesetzlich vorgesehene Bezugsdauer hinaus auf bis zu 24 Monate, längstens bis zum 31.12.2021, verlängert wird. Die dies regelnde Zweite Kurzarbeitergeldbezugsdauerverordnung (2. KugBeV) tritt am 01.01.2021 in Kraft und am 31.12.2021 außer Kraft.

6. Corona-Überbrückungshilfe: 2. Phase hat begonnen

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die infolge der COVID-19-Pandemie ihren Geschäftsbetrieb einstellen oder stark einschränken mussten, können weitreichende Zuschüsse als Überbrückungshilfe erhalten. Diese Förderung wird sowohl für die Monate September bis Dezember 2020 verlängert als auch ausgeweitet.

Die Überbrückungshilfe kann nur von Freiberuflern und Soloselbständigen „im Haupterwerb“ beansprucht werden. Dabei wird auf das Jahr 2019 Bezug genommen, alternativ kann der Monat Februar 2020 als Bezugspunkt dienen. Daneben ist die Überbrückungshilfe auf KMU beschränkt. Es sind auch solche Unternehmen mit Beschäftigten antragsberechtigt, wenn sie im Nebenerwerb geführt werden.

Die Antragsberechtigung für die Überbrückungshilfe setzt voraus, dass ein Umsatzeinbruch von mindestens 50 % in zwei zusammenhängenden Monaten im Zeitraum April bis August 2020 gegenüber den jeweiligen Vorjahresmonaten oder ein Umsatzeinbruch von mindestens 30 % im Durchschnitt in den Monaten April bis August 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum eingetreten ist.

Die noch bei der Überbrückungshilfe I für Kleinunternehmer bis zehn Beschäftigte maßgebliche Deckelung des Förderbetrags auf € 9.000 oder € 15.000 entfällt. Die maximale Förderung von bis zu € 50.000/Monat ist unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten möglich. Die Antragsberechtigung setzt jedoch voraus, dass zum Stichtag 29.02.2020 mindestens ein Beschäftigter im Unternehmen tätig war.

Die Fixkosten werden zu 90 % bei einem Umsatzeinbruch von mehr als 70 % (bisher: 80 % der Fixkosten), 60 % der Fixkosten bei eine Umsatzeinbruch zwischen 50 % und 70 % (bisher: 50 % der Fixkosten) und 40 % der Fixkosten bei eine Umsatzeinbruch von mehr als 30 % (bisher: bei mehr als 40 % Umsatzeinbruch) erstattet.

Die Personalaufwendungen werden pauschal mit 20 % der förderfähigen Fixkosten erstattet. Es werden die Kosten für Hygienemaßnahmen einschließlich investiver Maßnahmen sowie Kosten für Gas und Kälte einbezogen. Für die Reisebranche wurden umfangreiche Neuregelungen eingeführt.

Wie bisher ist das Verfahren zur Beantragung vollständig digitalisiert. Anträge können seit dem 21.10.2020 über einen registrierten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt gestellt werden. Die Antragsbearbeitung, Bewilligung und Auszahlung der Fördermittel erfolgt ab dem Monat November 2020.

Nach einer Pressemitteilung der EUKommission vom 20.11.2020 ist die „Bundesregelung Fixkosten“ genehmigt worden. Durch die Genehmigung ist offiziell die beihilferechtliche Grundlage für die Überbrückungshilfe II geschaffen worden. Die Bundesregelung stellt auch den beihilferechtlichen Rahmen für die Überbrückungshilfe III sowie die zweite Stufe der Novemberhilfe (Novemberhilfe Plus). Die Erweiterung des Beihilferahmens bezieht sich auf den Zeitraum vom 01.03.2020 bis 30.06.2021.


III. Aus der Rechtsprechung und der Steuerverwaltung

1. Einkommensteuer; Fahrbahnreinigung und Werkstattarbeiten eines Handwerkers: keine Begünstigung als haushaltsnahe Dienstleistung/Handwerkerleistung

Der BFH hat mit Urteil vom 13.05.2020 – VI R 4/18 entschieden, dass die Aufwendungen für die Reinigung der Fahrbahn einer öffentlichen Straße nicht wie die Reinigung des öffentlichen Gehwegs vor dem Haus als haushaltsnahe Dienstleistung gem. § 35a Abs. 2 EStG begünstigt ist. Soweit ein Handwerker Arbeiten in seiner Werkstatt erbringt, stellen die darauf entfallenden Lohnkosten keine als haushaltsnahe Handwerkerleistungen begünstigten Aufwendungen im Sinne von § 35a Abs. 3 EStG dar.

2. Einkommensteuer; stille Reserven von gewillkürtem Betriebsvermögen unterliegen bei Aufgabe/Veräußerung der vollen Besteuerung

Der BFH entschied in seinen Urteilen vom 16.06.2020 – VIII R 9/18 und VIII R 15/17, dass bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung bzw. der Aufgabe eines zuvor gemischt genutzten Wirtschaftsguts der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Veräußerungs- bzw. Aufgabeerlös und Buchwert den Gewinn im Sinne der §§ 4, 5 erhöht. Eine Beschränkung der stillen Reserven auf den beruflichen Nutzungsanteil finde nicht statt.

3. Einkommensteuer; Verpflegungsmehraufwandspauschalen sind auch dann zu kürzen, wenn die zur Verfügung gestellten Mahlzeiten nicht eingenommen werden

Der BFH entschied mit Urteil vom 07.07.2020 – VI 16/18, dass die Verpflegungspauschalen auch dann zu kürzen sind, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mahlzeiten zur Verfügung stellt, die dieser nicht einnimmt.

4. Lohnsteuer; Aufwendungen der Erstausbildung eines Verkehrsflugzeugführers führen nicht zu Werbungskosten

Nach dem Beschluss des BFH vom 07.07.2020 – VI R 18/20 waren die Ausbildungskosten zum Verkehrsflugzeugführer nicht als Werbungskosten abzugsfähig, da die Ausbildung nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 9 Abs. 6 EStG stattfand.

5. Lohnsteuer; Zahlung von Verwarngeldern durch den Arbeitgeber

Nach dem Urteil des BFH vom 13.08.2020 – VI R 1/17 leistet der Arbeitgeber (Paketzustelldienst) als Halter eines Kfz die Zahlung von Verwarnungsgeldern wegen einer ihm gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 OWiG erteilten Verwarnung auf eine eigene Schuld. Die Zahlung stellt somit keinen Arbeitslohn bei den Auslieferungsfahrern dar, die die Parkplatzverstöße wissentlich zur Sicherstellung eines reibungslosen Betriebsablaufs im Rahmen ihrer Auslieferungsdienste in Kauf nahmen.

Der BFH verwies die Sache jedoch zur weiteren Klärung an das Finanzgericht zurück. Dieses habe zu klären, ob der Arbeitgeber einen Schadensersatzanspruch gegen die Arbeitnehmer habe, die das Verwarngeld wegen Falschparkens veranlasst hatten. Sollte das Finanzgericht feststellen, dass der Arbeitgeber wegen der Parkverstöße einen realisierbaren Schadenersatzanspruch gegen den jeweiligen Fahrer zustand, würde es weiter zu prüfen haben, ob wegen des Erlasses dieser Forderungen von einem geldwerten Vorteil beim Arbeitnehmer auszugehen sei, der lohnsteuerpflichtig sei.

6. Gewerbesteuer; finale Verluste aus einer Betriebsstätte in einem „DBAFreistellungsstaat“ abzugsfähig?

Der BFH hat aufgrund bei ihm aufgetretener Zweifel, ob seine Rechtsprechung, wonach sogenannte finale Verluste aus ausländischen Freistellungsbetriebsstätten nicht bei der deutschen Besteuerung des Mutterhauses berücksichtigt werden können, Bestand haben kann, angesichts der Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH.

Mit Beschluss vom 06.11.2019 – I R 32/18 hat der BFH den EuGH um Vorabentscheidung ersucht. Dieser möge entscheiden, ob Verluste berücksichtigt werden müssen, ob dies auch für die Gewerbesteuer gilt, unter welchen Voraussetzungen Auslandsverluste final sind und ob die Verluste nach in- oder ausländischem Recht zu ermitteln sind.

7. Umsatzsteuer; Umkehr der Steuerschuldnerschaft („reverse-charge“) bei Bauleistungen im Falle einer umsatzsteuerlichen Organschaft

Nach dem BFH-Urteil vom 23.07.2020 – V R 32/19 bezieht bei einer wirksamen umsatzsteuerlichen Organschaft ausschließlich der Organträger Eingangsleistungen, womit es für die Frage der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen allein auf die Außenumsätze des Organkreises und nicht auf etwaige Innenumsätze ankommt.

8. Erbschaftsteuer; Begünstigung im Falle der Übertragung von Personengesellschaftsanteilen erfordert zeitgleiche Übertragung auch von Sonderbetriebsvermögen

Der BFH hat mit Urteil vom 17.06.2020 – II R 38/17 entschieden, dass die Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG bei der Übertragung von Sonderbetriebsvermögen nur gewährt werden kann, wenn die Übertragung gleichzeitig mit der Übertragung des Anteils an der Personengesellschaft erfolgt.

9. Grunderwerbsteuer; nachträgliche Änderung des Kaufpreises kein rückwirkendes Ereignis

Der BFH hat mit Urteil vom 22.07.2020 – II R 15/18 entschieden, dass die Herabsetzung der Gegenleistung im Sinne des § 16 Abs. 3 GrEStG keine Änderung der festgesetzten Grunderwerbsteuer als rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ermögliche.

Die steuerrechtliche Wirkung für die Vergangenheit sei für das jeweilige materielle Steuergesetz autonom zu beurteilen. Entscheidend für die grunderwerbsteuerliche Beurteilung einer Kaufpreisminderung, ob sie ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 AO sei und auch im Grunderwerbsteuerrecht Anwendung finde, sei, dass bejahendenfalls die Vorschrift des § 16 Abs. 4 GrEStG leer liefe. Danach endet bei Eintritt eines Ereignisses nach § 16 Abs. 3 GrEStG (nachträgliche Kaufpreisminderung) die Festsetzungsfrist für die Grunderwerbsteuer nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Eintritt dieses Ereignisses. Würde dagegen ein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 AO anzunehmen sein, dann würde die vierjährige Festsetzungsverjährung nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO erneut beginnen. Dann bedürfte es nicht der Regelung des § 16 Abs. 4 GrEStG. Eine Auslegung, mit der eine gesetzliche Vorschrift jeglichen Anwendungsbereich verlöre, widerspräche der gesetzlichen Systematik und sei vom Gesetzgeber nicht gewollt.

Aus diesem Grund sei die notariell beurkundete nachträgliche Kaufpreisherabsetzung kein rückwirkendes Ereignis.


IV. Aus anderen Rechtsgebieten

1. Haftung für Steuerschulden; Verhältnis des Haftungsumfangs bei Ehegatten

Nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts Brandburg vom 30.01.2020 – 15 UF 176/18 haften Eheleute für Steuerschulden – soweit keine andere Regelung greift – nicht nach der gesetzlichen Grundregel gem. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zu gleichen Teilen, sondern nach dem Verhältnis der Steuerbeträge, die bei der Einzelveranlagung angefallen wären.

2. Arbeitsrecht; fristlose Kündigung bei angedrohter Krankschreibung

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 21.07.2020 – 8 Sa 430/19 die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung festgestellt. Im Urteilsfall hatte der Arbeitgeber eine Weisung getroffen, der der Arbeitnehmer mit der Drohung entgegentrat, sich krankschreiben zu lassen. Das Gericht sieht es dabei im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung als unerheblich an, ob der Arbeitnehmer später tatsächlich erkrankt oder ob die Weisung rechtswidrig war, denn die kündigungsrelevante Nebenpflichtverletzung besteht in der Art und Weise des Vorgehens des Arbeitnehmers.

(29.11.2020, Redaktion: Neulken & Partner)

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