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Rundschreiben II/2023

|   2023

In regelmäßiger Abfolge möchten wir Sie über Gesetzgebungsverfahren im Steuerrecht und ausgewählte Entscheidungen speziell der Finanzgerichte sowie über Anweisungen der Finanzverwaltung informieren.

 

Die Informationen sind sorgfältig aus verlässlichen Quellen herausgesucht und bearbeitet. Gleichwohl kann weder eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit noch irgendeine Haftung übernommen werden. Die Nutzung der angebotenen Informationen erfolgt auf eigenes Risiko.

 

Hinweise und Tipps haben lediglich allgemeinen Charakter und sind in jeder Hinsicht unverbindlich. Sie können eine konkrete Einzelfallberatung nicht ersetzen. Sprechen Sie uns bei Interesse gerne an.

I. Wichtige Steuer- und Sozialversicherungstermine

10.03.2023:

  • Einkommensteuer
  • Körperschaftsteuer
  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer

27.03.2023:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 10.03.2023 fälligen Steuern endet am 13.03.2023.

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat März 2023 ist der 29.03.2023.

11.04.2023:

  • Lohnsteuer
  • Kirchensteuer
  • Umsatzsteuer

24.04.2023:

  • Sozialversicherung

 

Die Schonfrist für die am 11.04.2023 fälligen Steuern endet am 14.04.2023.

Für die Sozialversicherungsbeiträge gilt grundsätzlich, dass diese als Datensatz am fünftletzten Bankarbeitstag den Krankenkassen vorliegen und spätestens am drittletzten Bankarbeitstag gutgeschrieben sein müssen.

Der drittletzte Bankarbeitstag für die späteste Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge im Monat April 2023 ist der 26.04.2023.

II. Aus der Gesetzgebung

Bis zum Redaktionsschluss (25.02.2023) sind keine hier interessierenden Gesetzgebungsverfahren umgesetzt oder in Gang gesetzt worden.

III. Aus der Rechtsprechung und der Steuerverwaltung

Nach dem BFH-Urteil vom 20.09.2022 – IX R 18/21 ist steuerlich die wechselseitige Veräußerung von Anteilen im Kreis der wesentlich an einer Kapitalgesellschaft Beteiligten für Zwecke der Verlustrealisation anzuerkennen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der vereinbarte Kaufpreis krass vom gemeinen Wert der veräußerten bzw. erworbenen Beteiligung abweicht. Weicht der vereinbarte Kaufpreis erheblich vom eigentlichen Wert der Anteile ab und führt diese Veräußerung zu einem steuerlichen Verlust und damit zu einem nicht vom Gesetzgeber vorgesehenen Steuervorteil, liegt ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vor und ist dieser Verlust nicht anzuerkennen.

Anmerkung:

Im Urteilsfall „tauschten“ zwei wesentlich an einer GmbH Beteiligte ihre Anteile auf Grundlage von Anteilskaufverträgen. Dabei wurde ein Kaufpreis vereinbart, der nicht einmal 10 % des eingezahlten Stammkapitals ausmachte. Dagegen erzielten die Beteiligten aus Gewinnausschüttungen und Geschäftsführergehältern in sechsstelliger Höhe Einkünfte. Auch die GmbH selbst erzielte nachhaltig sechsstellige Jahresüberschüsse, sodass aus Sicht des BFH überhaupt kein tatsächlicher Verlust gegeben war.

Mit Urteil vom 30.11.2022 – VIII R 27/19 stellt der BFH klar, dass der Begriff der Veräußerung im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG weit auszulegen sei und damit jedwede Form der zivilrechtlichen Erfüllung einer Kapitalforderung umfasst. Die Erfüllung kann dabei auch durch Aufrechnungserklärung der Schuldnerin erfolgen. Eine zivilrechtlich erfüllte Forderung ist „gezahlt“ im Sinne des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG.

Anmerkung:

Im Urteilsfall erwarb der Kläger zu seiner bestehenden 50 %igen GmbH-Beteiligung weitere 50 % Anteile sowie eine Forderung gegen die Gesellschaft von rd. € 80.000 zum Preis von € 1 hinzu. Die Forderung gegen die GmbH erlosch durch Aufrechnungserklärung der GmbH gegenüber dem Gesellschafter mit einer ihr zustehenden Forderung. Finanzamt, Finanzgericht und auch der BFH sahen in der durch Aufrechnung erfüllten Forderung in Höhe des Nominalwerts den Tatbestand des Veräußerungsgewinns im Sinne von § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG als verwirklicht an, der der Abgeltungsteuer unterliegt.

Der BFH hat mit Urteil vom 15.11.2022 – IX R 4/20 im Ergebnis klargestellt, dass einem Nießbraucher an einem Personengesellschaftsanteil im Rahmen der Vermietung durch die Personengesellschaft Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung nur dann zugerechnet werden, wenn er verhindern kann, dass der Gesellschafter die maßgeblichen Entscheidungen allein oder gegen seinen Willen trifft. Dieses gilt auch für den Fall des Quotennießbrauchs.

Anmerkung:

Im Urteilsfall war es so, dass der mit dem Nießbrauch belastete Gesellschafter trotz vielfältiger Rechte des Nießbrauchers bei Beschlüssen, welche die Grundlage der Gesellschaft oder den Kernbereich der Mitwirkungsrechte des Gesellschafters berühren, z. B. das Verbot der Änderung der Gewinnbeteiligung oder der Beschneidung des Auseinandersetzungsguthabens, das alleinige Stimmrecht ausübte. Nach Auffassung des BFH war die Stellung des Nießbrauchers nicht hinreichend stark ausgeprägt, um ihm in Ansehung des Verhältnisses des Nießbrauchers zum Gesellschafter die Einkünfte aus der Personengesellschaft zuzurechnen. Erforderlich sei, dass der Nießbraucher – auch bei einem nur Quotennießbrauch – den Gesellschafter in jeglicher Beziehung davon abhalten können muss, gegen seine Interessen zu wirken. Bei Divergenz muss er den Gesellschafter zur Enthaltung der ihm zustehenden Stimmrechtsmacht zwingen können. Gesetzliche Regelungen hierzu bestehen nicht. Folglich müssen sich entsprechende Regelungen im Vertrag über den Nießbrauch finden lassen.

Der BFH hat mit Urteil vom 23.11.2022 - VI R 50/20 gegen die Auffassung der Finanzverwaltung in H 3.45 LStR Beispiel 2 entschieden, dass die Erstattung von Telefonkosten für einen vom Arbeitnehmer abgeschlossenen Mobilfunkvertrag durch den Arbeitgeber auch dann nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei ist, wenn der Arbeitgeber das Mobiltelefon vom Arbeitnehmer zu einem unter dem Marktwert liegenden Preis erworben hat und er dem Arbeitnehmer das Mobiltelefon anschließend wieder zur privaten Nutzung überlässt.

Im Urteil vom 17.11.2022 – hat der BFH ausgeführt, dass Fahrsicherheitstrainings bei richtlinienkonformer Normauslegung der Vorschrift des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRl dann Kurse belehrender Art im Sinne von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG darstellen, wenn es sich um Schulungsmaßnahmen handelt, die zum Erwerb oder zur Erhaltung beruflicher Kenntnisse konkret geeignet sind. Hiervon war im Urteilsfall nicht auszugehen. Im Urteilsfall bot ein gemeinnütziger Verein Sicherheitstrainings für PKWs sowie für Motorräder an. Ebenso stellte der Verein einen Rettungssimulator entgeltlich zur Verfügung, um Nutzern zu ermöglichen zu trainieren, sich aus einem umgestürzten Auto zu befreien. Das Finanzgericht hatte für die Fahrsicherheitstrainings die Umsatzsteuerfreiheit zugestanden. Für die Bereitstellung des Rettungssimulators hatte das Finanzgericht den ermäßigten Steuersatz zur Anwendung zugelassen.

Der BFH hob die Entscheidung des Finanzgerichts auf und wies den Fall zur anderweitigen Entscheidung zurück. Der BFH führt aus, dass der Begriff des „Schul- und Hochschulunterrichts“, für den die Steuerbefreiung nach der MwSt-SysRl in Betracht komme, voraussetzt, dass insbesondere ein integriertes System der Kenntnisvermittlung sowie ein breites und vielfältiges Spektrum der Kenntnisvermittlung von Stoffen vorliegt. Fahrunterricht sei bereits nach Auffassung des EuGHs als spezialisierter Unterricht angesehen worden, das Fahrsicherheitstraining als Teilaspekt des Fahrunterrichts stelle folglich erst recht nicht ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen dar. Soweit in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwSt- SyRL die gesondert auszulegenden Begriffe „Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung“ Anwendung finden sollen, setzt dies voraus, dass die Schulungsmaßnahme den Teilnehmern ermöglicht, die vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten beruflich zu nutzen. Dies sei zu unterstellen, wenn alle Teilnehmer die Schulungsmaßnahmen beruflich verwendeten. Liege eine berufliche Nutzung nur bei einigen Teilnehmern vor, müsse sich die erforderliche Eignung leistungsbezogen aus der Schulungsmaßnahme selbst ergeben. Danach liegen bei einem Fahrsicherheitstraining „Kurse belehrender Art“ im Sinne von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG vor, wenn es sich um eine berufliche Fortbildung handelt. Im Urteilsfall war dies nicht zweifelsfrei zu bejahen, da der Verein die Kurse auch Senioren und Motorradfahrern anbot.

Hinsichtlich des vom Finanzgericht erstinstanzlich zugestandenen ermäßigten Steuersatzes für die entgeltliche Überlassung des Rettungssimulators weist der BFH darauf hin, dass bei Zweckbetrieben gemeinnütziger Körperschaften nicht nur die Einhaltung der Voraussetzungen des § 65 AO unabdingbar sei, sondern auch die Einschränkung des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alt. 1 UStG eingehalten werden müsse. Damit komme es nicht zu einer doppelten „Wettbewerbsprüfung“. Vielmehr treten die strengeren Anforderungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 Alternative 1 UStG im Ergebnis an die Stelle der nach § 65 Nr. 3 AO zur Wettbewerbsprüfung vorzunehmenden Interessenabwägung.

Nach dem BFH-Urteil vom 20.10.2022 – III R 33/21 ist der Begriff der „Leasingraten“, für die eine Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG in Betracht kommt, wirtschaftlich weit auszulegen. Wartungskosten, die vertraglich auf den Leasingnehmer abgewälzt werden, zählen für den Fall, dass das Leasinggut dem Leasinggeber zuzurechnen ist, zu den als Teil der Leasingrate hinzurechnungspflichtigen Entgelte.

Anmerkung:

Maßgeblich für die Auffassung des BFH war, dass bei fehlenden Vereinbarungen zur Kostentragungspflicht die Wartungskosten vom Leasinggeber zu tragen wären. Sind diese Kosten vertraglich dem Leasingnehmer auferlegt, so stellen diese Kostenbestandteile wirtschaftlich Teile der Leasingrate dar.

Nach dem Urteil des Finanzgerichts Münster vom 18.08.2022 – 10 K 1421/19 G sind die Aufwendungen für die Teilnahme an Fachmessen nicht nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG dem Gewinn hinzuzurechnen. Nach Auffassung des Finanzgerichts stellen die Aufwendungen keine Mieten für die genutzten Flächen dar. Es handelt sich vielmehr um Verträge eigener Art, die vorrangig die Teilnahme an der Fachmesse ermöglichen und nicht um die isolierte Standmiete.

Anmerkung:

Im Urteilsfall ging es um den Betreiber einer Molkerei, der zu Werbezwecken bei zahlreichen Fachmessen auftrat. Hierfür entstanden Aufwendungen für Messeteilnahmeentgelte, Standgebühren, Kosten für den Aufbau und die zwischenzeitliche Einlagerung eines eigenen Messestandes sowie für die Anmietung von Kühlvitrinen und Frischetheken.

Bei der Beurteilung, dass es sich nicht um hinzurechnungspflichtige Entgelte handelt, stütze sich das Finanzgericht auf folgende Gesichtspunkte:

Da der Messeauftritt vor allem dem Marketing und der Produktwerbung diente und nicht dem unmittelbaren Vertrieb, handelt es sich nicht um fiktives Anlagevermögen. Des Weiteren handelt es sich nicht um Mietoder Pachtentgelte im Sinne der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 GewStG, sondern um Gesamtleistungen eigener Art, aus denen miet- und pachttypische Elemente nicht abgespalten werden können.

IV. Aus anderen Rechtsgebieten

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 19.08.2022 – 3Wx 119/22 entschieden, dass in dem Fall, in dem ein Testament nicht im Original, sondern nur in Kopie vorliegt, die Kopie zu eröffnen ist.

Anmerkung:

Das Nachlassgericht ist verpflichtet, sobald es vom Tod des Erblassers Kenntnis erlangt, eine in seiner Verwahrung befindliche letztwillige Verfügung zu eröffnen. Dies sei nach Auffassung des Gerichts auch gegeben, wenn nur eine Kopie des Testaments vorhanden ist. Die Frage, ob ein Schriftstück den materiell-rechtlichen Anforderungen an eine wirksame Verfügung von Todes wegen entspricht, sei nicht im Eröffnungsverfahren zu entscheiden. Im Zweifel habe die Eröffnung stattzufinden.

Vorbemerkung:

Vorsicht ist geboten, wenn eine „stillgelegte“ GmbH reaktiviert wird. Es könnte sich in diesem Fall um eine dem Registergericht anzuzeigende wirtschaftliche Neugründung handeln. Im nachfolgend wiedergegebenen Urteil des Kammergerichts Berlin wird der Begriff der wirtschaftlichen Neugründung definiert.

Nach dem Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 14.10.2022 – 22 W 48/22 ist von einer wirtschaftlichen Neugründung auszugehen, wenn die Kapitalgesellschaft eine „leere Hülse“ ist. Das ist dann der Fall, wenn sie kein aktives Unternehmen betreibt, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebs, sei es auch unter wesentlicher Umgestaltung, Einschränkung oder Erweiterung seines Tätigkeitsgebiets, in irgendeiner wirtschaftlich noch gewichtbaren Weise anknüpfen kann.

Der BGH hat mit Urteil vom 16.12.2022 – V ZR 263/21 klargestellt, dass nach dem seit dem 01.12.2020 geltenden Wohnungseigentumsrecht die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer nicht mehr den Verwalter, sondern die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) trifft.

Anmerkung:

Vollzieht der Verwalter als Organ der GdWE einen gefassten Beschluss nicht oder nur fehlerhaft, muss ein Wohnungseigentümer hierfür die GdWE in Anspruch nehmen. Ihr wird grundsätzlich ein pflichtwidriges Verhalten des Verwalters entsprechend § 31 BGB zugerechnet.

Das Landessozialgericht Hessen hat mit Urteil vom 24.08.2022 – I. 6 AS 97/20 klargestellt, dass Anteilsveräußerungsgewinne aus Investmentfonds aus dem Vermögensstamm selbst resultieren und als bloße Vermögensumschichtung unbeachtlich und nicht als Einkommen im Sinne des SGB II zu bewerten sind.

Anmerkung:

Nach Auffassung des Gerichts sind Erträge aus Wertsteigerungen des Vermögensstamms – anders als Zinserträge, die als Einnahmen zum Vermögensstamm hinzutreten – nicht anrechenbar. Der Kaufpreis sei lediglich Gegenwert für den Vermögensgegenstand. Wird dieser veräußert, finde lediglich eine Umschichtung unter aktiven Vermögensbestandteilen statt. Allerdings gelte dies nur, wenn der über dem Verkehrswert liegende Kaufpreis sich noch innerhalb normaler Marktschwankungen bewege. Kurzfristige Kurs- oder Spekulationsgewinne können durchaus auch als anrechenbares Einkommen im Sinne des SGB II zu beachten sein.

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